Neuerwerb im Brühler Schloss Eine Schokoladenkanne für 71.000 Euro

BRÜHL · Die Schlösser Brühl stellen einen kuriosen Neuerwerb vor. 2016 kamen erstmals mehr als 100.000 Besucher - Rekord.

 Chinesische Figuren zieren die Porzellankanne mit dem seitlichen Griff.

Chinesische Figuren zieren die Porzellankanne mit dem seitlichen Griff.

Foto: Antje Jagodzinski

Nur mit Handschuhen fasst Christiane Winkler das „neue Schätzchen“ im Schloss Augustusburg an. Immerhin ließ sich aus dem weißen, goldverzierten Gefäß, das mit chinesischen Figuren bemalt ist, einst kein Geringerer als Kurfürst Clemens August heiße Schokolade servieren. Für genau 71.345,93 Euro hat die Schlossverwaltung mit Hilfe einer Förderung der Ernst von Siemens Kunststiftung die Schokoladenkanne erworben. Eine Besonderheit: Denn seit 256 Jahren war das gute Stück verschollen beziehungsweise man wusste gar nicht, dass es existiert.

Wie die Mitarbeiterin der Schlossverwaltung erklärt, gehört die Kanne zum Schokoladen-, Tee- und Kaffeeservice, das im Jahr 1735 wohl zum 35. Geburtstag von Clemens August in der Meissner Porzellanmanufaktur angefertigt wurde. Nach dem Tode des Kurfürsten am 6. Februar 1761 erfolgte eine Inventur seiner Besitztümer in allen seinen Liegenschaften, die der kaiserliche Notar aus Bonn, Johann Philipp Grunaw, zusammen mit Hofrat von Wagener und Hofkammerrat Radermacher durchführte. Das besagte Service war, wie Winkler schildert, in einem Vitrinenschrank im „Indianischen Haus“ im Schlosspark aufbewahrt und umfasste 84 Teile. Ungewöhnlich: Die Inventur listete zwei Kaffeekannen auf, aber keine Schokoladenkanne.

Da die Erfassung des Hab und Guts des Kurfürsten unter großem Zeitdruck – binnen 17 Tagen – erfolgt sei, könne wohl nicht ausgeschlossen werden, dass die Schokoladenkanne irrtümlich als zweite Kaffeekanne aufgelistet wurde, erklärt Winkler. In dieser Frage sei man ein wenig „Detektiv der Vergangenheit“. So sei auffällig, dass die Goldverzierung am oberen Rand der Kanne, von der der typische Deckel mit Metallspangen fehlt, kaum abgenutzt sei. Das spreche dafür, dass der Deckel schon früher nicht mehr vorhanden gewesen und die Schokoladenkanne vielleicht deshalb bei der Inventur nicht als solche bemerkt worden sei, vermutet Winkler.

Schokolade war etwas für die Elite

„Schokolade war etwas für die Elite“, betont sie, wie exquisit der Genuss des heißen Getränks war, das zeitweise auch als Medizin etwa bei Magenproblemen verabreicht worden sei. Mit einem Holzquirl sei der Kakao direkt in der Kanne zubereitet worden.

Bereits im vergangenen Sommer tauchte die Kanne des Kurfürsten dann beim Auktionshaus Bonhams in London auf, wohin sie vermutlich aus Privatbesitz gelangte. Um zu prüfen, ob es sich wirklich um ein Original handelt, ließ die Schlossverwaltung das Gefäß in einer sogenannten Röntgenfluoreszenz-Analyse untersuchen, um festzustellen, ob die chemische Zusammensetzung der Farbpigmente in die Zeit um 1735 passt.

Auch stilistisch fügt sich die Bemalung der Kanne laut Schlossverwaltung in das Service ein: Auf jedem Stück befindet sich der von Löwen präsentierte Wappenschild des Kurfürsten in der Form ab 1732 mit seinen Bistümern sowie dem Hochmeisterkreuz des Deutschen Ordens und dem wittelsbachischen Hauswappen als Herzschild in der Mitte. Auf der Vorderseite der Kanne sind chinesische Figuren zu sehen. Die Bemalung mit chinesische Motiven war laut Schlossverwaltung eine Spezialität des Porzellan-Malers Johann Gregorius Höroldt. Das Service des Kurfürsten zähle zu den Spitzenleistungen der Höroldt-Werkstatt in der Meißner Porzellanmanufaktur. Nebst zwei Kakaotassen soll die Schokoladenkanne künftig in einer Vitrine im Speise- und Musiksaal zu sehen sein.

2016 wurde ein Besucherrekord erzielt

Zahlreiche Besucher locken die Schlösser Augustusburg und Falkenlust, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählen, bereits jetzt an: Einen Rekord von 103 631 Gästen im Jahr 2016 vermeldete Schlossverwalter Heinz R. Kracht. Erstmals sei die „magische Zahl“ von 100 000 Besuchern überschritten worden. Vor allem bei Rheinkreuzfahrten mit Stopp in Köln oder Bonn zählten die Schlösser inzwischen teils zum festen Programm und brächten so auch viele Gäste aus den USA und Australien. Allein rund 13.000 Besucher schauten sich aber auch die Sonderausstellung „Schlösser für den Staatsgast“ an.

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