Kölner Zentralmoschee Erstes Freitagsgebet im neuen Kuppelsaal

Köln · Nach vielen Rückschlägen und Negativschlagzeilen kann der Verband Ditib das Gebäude in Ehrenfeld nutzen. Gleich am ersten Tag kommt es beinahe zu einem Eklat.

 Gläubige haben sich am Freitag in der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld versammelt. Es war nach über sieben Jahren Bauzeit das erste Freitagsgebet in der neuen Moschee der Ditib.

Gläubige haben sich am Freitag in der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld versammelt. Es war nach über sieben Jahren Bauzeit das erste Freitagsgebet in der neuen Moschee der Ditib.

Foto: picture alliance / Marius Becker

Kurzzeitig sieht es am Morgen so aus, als werde es keine Innenaufnahmen aus der Ditib-Moschee in Ehrenfeld geben. Dem Vernehmen nach gibt es Unstimmigkeiten zwischen den örtlichen Verantwortlichen und den Bildberichterstattern: Sie, so ist zu hören, sollen ihre Bilder erst zur Genehmigung vorlegen. Schon werden Assoziationen zur Pressefreiheit in der Türkei wach, da kommt es doch zur Einigung: Nun darf nach Belieben fotografiert werden, allerdings, so die Bitte der Ditib, sollen die Bilder stets nur im direkten Zusammenhang mit dem Gebetsraum verwendet werden.

Der Disput, der im Kompromiss endet, versinnbildlicht den gegenseitigen Argwohn, der sich im Verhältnis zwischen deutscher Öffentlichkeit und dem eng mit der Religionsbehörde in Ankara verbundenen deutsch-türkischen Moscheeverband Ditib zuletzt verfestigt hat. In Bezug auf die Zentralmoschee am Bundessitz des Verbandes liegt der Fall noch einmal anders: Denn deren Entstehungsgeschichte ist bereits lange vor den Spitzelvorwürfen gegen einzelne Ditib-Imame und deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz, lange vor den diplomatischen Spannungen im deutsch-türkischen Verhältnis und lange vor journalistischen Enthüllungen über politische Predigten auch in deutschen Ditib-Moscheen eingetrübt. Dafür gibt es mehrere Anlässe: die um fünf Jahre verspätete Fertigstellung wegen Baumängeln, derentwegen bis heute ein Rechtsstreit anhängig ist; hitzige Debatten um die massige Form und die Höhe der beiden Minarette; und manchen spitzzüngigen verbalen Einwurf von Befürwortern wie Kritikern, etwa dem Publizisten Ralph Giordano. Auf die Spitze treibt es der Journalist Günter Wallraff mit dem – gütlich gemeinten – Vorschlag, man könne in der Moschee doch auch Salman Rushdies „Satanische Verse“ vorlesen lassen. Die Folge: Bedrohungen durch Islamisten.

Nun aber ist die Moschee nahezu fertig, wenngleich ein offizieller Eröffnungstermin noch nicht bekannt ist. 95 Prozent der Bauarbeiten sind abgeschlossen, mit der offiziellen Eröffnung in diesem Jahr wird gerechnet. 20 Jahre lang hatte die Ditib das Ziel einer zentralen Moschee verfolgt, das jetzt in Gestalt des 30-Millionen-Projekts Wirklichkeit geworden ist. Zwei Drittel der Kosten wurden laut Verband über Spenden gedeckt, öffentliche Zuschüsse gebe es nicht.

„Wir freuen uns über die Möglichkeit, ab jetzt hier beten zu können“, erklärt Bekir Alboga, Bundesvorstand und Generalsekretär der Ditib. Lange Zeit versammelten sich deren Kölner Gläubige in einer Hinterhofmoschee. Nun finden in dem 36 Meter hohen Kuppelsaal 1100 Gläubige Platz. Hoch über deren Köpfen bilden 1800 Stuckplatten geometrische Muster. Ein gewaltiger Kronleuchter setzt arabische Kalligraphien in Szene. An der Frontseite des Raumes rahmen Predigt- und Lehrkanzel die Gebetsnische ein. Die Pläne stammen vom Zeichentisch der Architekten Gottfried und Paul Böhm.

„Ein Gesamtkunstwerk“ nennt Projektleiter Selim Mercan das Bauvorhaben, das er seit 2014 betreut. Das Herzstück der über großzügige Freitreppen zugänglichen Anlage ist der 36 Meter hohe, rund 1 200 Besucher fassende Kuppelsaal mit seinen geschwungenen Betonschalen und Glasfassaden. Hier gibt es eigene Galerien für die Frauen der Gemeinde. Die beiden Minarette bringen es auf 55 Meter – etwa ein Drittel des 157 Meter hohen Doms, in Köln nach wie vor das Maß aller Dinge. Es gehe um eine Verbindung orientalischer Elemente mit einem modernen Islam, wie er ins weltoffene Köln passt, erläutert Mercan und weist auf Deckenmedaillons mit arabischen Blattgold-Inschriften: Sie sind unter anderen Abraham, Mose, Noah und Jesus gewidmet – Persönlichkeiten, die für Christen wie für Juden und Muslime bedeutend sind. „Das ist ein sehr schönes Zeichen“, findet der Bauingenieur. Schon 2007 warb eine Imagekampagne mit dem Motto „Unsere Moschee für Kölle“ um ein religionsverbindendes Wir-Gefühl. Auch von den politischen Querelen zwischen Deutschland und der Türkei soll auf die fast fertige Moschee kein Schatten fallen, so hoffen die Hausherren und laden zu Führungen ein. Und am Freitagsgebet, betonen sie, könne ohnehin jeder teilnehmen. ⋌

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