Finanzbericht vorgestellt Erzbistum Köln überrascht mit 85-Millionen-Euro-Überschuss

Köln · 40.000 Katholiken sind im Bereich des Erzbistums Köln 2021 ausgetreten. Und dennoch sind die Kirchensteuereinnahmen angestiegen. Kein Widerspruch, sagt der Finanzdirektor des Erzbistums.

Der Kölner Dom. Das Erzbistum Köln verzeichnet für das Wirtschaftsjahr 2021 einen kräftigen Jahresüberschuss von 85 Millionen Euro.

Der Kölner Dom. Das Erzbistum Köln verzeichnet für das Wirtschaftsjahr 2021 einen kräftigen Jahresüberschuss von 85 Millionen Euro.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Der Finanzdirektor des Erzbistums sieht an diesem Donnerstagmorgen sehr zufrieden aus. Gordon Sobbeck hat auch allen Grund dazu. Äußerst vorsichtig hatte er kalkuliert, als er im Herbst 2020 die Wirtschaftsplanung, also so etwas wie den Haushalt, für das Kölner Erzbistum erarbeitete. Es war die Zeit der zweiten Corona-Welle und die Wirtschaftsinstitute malten wahre Horror-Szenarien an die Wand. Von großen Rezessionssorgen war im Blick auf das Jahr 2021 die Rede, auch von einer höchstwahrscheinlich steigenden Arbeitslosigkeit in zahlreichen Branchen. Was für die Kirchen große Einbrüche bedeutet hätte. Schließlich sind die Einnahmen aus der Kirchensteuer an die Lohnsteuer gekoppelt. Entsprechend ging Sobbeck von einem Defizit von 36,8 Millionen Euro für das Erzbistum aus, nach vier Millionen im Jahr 2020.

Doch die Wirtschaft erholte sich sehr schnell und der Arbeitsmarkt blieb stabil. Beides hatten die Forschungsinstitute so nicht erwartet. Angenehmer Effekt der 121-Millionen-Euro-Fehlplanung: Statt eines Defizits von 36,8 Millionen verzeichnete das Erzbistum nun einen Überschuss von 84,7 Millionen Euro. Für den Finanzdirektor aber kein Grund zur uneingeschränkten Freude, denn bei der derzeitigen Entwicklung der Austrittszahlen – allein im vorigen Jahr verließen 40 000 Katholiken im Erzbistum Köln die Kirche – rechne er langfristig mit einem „ganz erheblichen Rückgang der realen Finanzkraft“.

Kölner Kirche will für unsichere Zeiten vorsorgen

Von daher wolle die Kölner Kirche vor allem für unsichere Zeiten vorsorgen. Will heißen: Ein großer Teil des letztjährigen Überschusses geht in die Rücklagen. Ein anderer Teil der nicht eingeplanten Zusatzeinnahmen – zwölf Millionen – hat das Erzbistum den Pfarrgemeinden für Baumaßnahmen an Kirchen, Gemeindehäusern und Kindertagesstätten zur Verfügung gestellt. Zu den größten Posten an Neubauten, Sanierungen und Modernisierungen gehörten im vorigen Jahr die vor wenigen Wochen eingeweihte Erzbischöfliche Gesamtschule in Bad Honnef, für die 4,1 Millionen Euro ausgegeben wurden.

Generell ging mehr als die Hälfte der Kirchensteuereinnahmen des Erzbistums von insgesamt 678 Millionen Euro in die Seelsorge, also in die Pfarrgemeinden oder andere Bereiche wie etwa die Gefängnisseelsorge. Nicht profitieren wolle die Kirche laut Sobbeck vom Kirchensteueranteil der 300-Euro-Energiepreispauschale. Eine erste Tranche in Höhe von drei Millionen sei schon ausgezahlt worden: zum Beispiel an Sozial- und Schuldnerberatungen oder die Tafeln, also an jene Einrichtungen, die sich um die Menschen kümmern, die vermutlich am meisten von den gestiegenen Preisen betroffen sind.

Bewertungen der Immobilien noch nicht abgeschlossen

Und wo will der Finanzdirektor zukünftig sparen? Zwei Punkte nennt er, die auch schon – zum Teil jedenfalls – bei der Vorstellung der Finanzberichte 2019, 2020 und 2021 Thema waren: die Trägerstrukturen der Kindertagesstätten und die kirchlichen Gebäude. 180 Träger gebe es derzeit für 540 Kitas. Das sei „absolut nicht effizient“, sagt Sobbeck. Seine Vorstellung: nur noch ein Träger für alle Kitas im Erzbistum. Konkrete Vorplanungen hätten begonnen, 2023 sollen die Pläne vorgestellt werden.

Was die Zukunft der rund 4500 kirchlichen Gebäude im Erzbistum angeht, darunter die 1200 Kirchen und Kapellen, so sagt der Finanzdirektor: „Das wird auf Dauer nicht finanzierbar sein.“ Die Bewertung der Immobilien, die schon vor einigen Jahren begonnen hat, ist allerdings immer noch nicht abgeschlossen. Ein Gremium des Erzbistums hat bereits eine Reduzierung der Gebäudeanzahl um 20 Prozent ins Gespräch gebracht. Das halte er für realistisch, erklärt Sobbeck. Solch harte Einschnitte vorzustellen, dürfte bei ihm allerdings sicherlich nicht so viel Zufriedenheit auslösen wie überraschend positive Zahlen zu präsentieren.

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