Vorwurf gegen Kölner Domradio Picken fordert Konsequenzen für Kölner Priester nach Nazi-Vergleich

Bonn · Ein hochrangiger Priester hat dem Kölner Domradio vorgeworfen, Methoden von Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels anzuwenden. Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken fordert nun Konsequenzen für den Priester.

 Deutliche Worte: Bonns Stadtdechant Wolfgang Picken.

Deutliche Worte: Bonns Stadtdechant Wolfgang Picken.

Foto: Benjamin Westhoff

Gero Weishaupt ist nicht irgendein Priester, sondern Mitglied des Offizialats, also des Kölner Kirchengerichts. Öffentlich verglich er die Berichterstattung des Kölner „Domradio“ mit Nazi-Propaganda. Nun ist er zurückgerudert. Was ist geschehen? Wie das Portal „Kirche-und-Leben.de“ berichtete, ging es um einen Artikel der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zur ungeklärten Finanzierung der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHTK), einem Lieblingsprojekt von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

Diesen Artikel hatte das Domradio auf Facebook gepostet, worauf – wie bei „katholisch.de“ zu sehen ist – ein Nutzer den Kommentar schrieb: „Domradio.de hat sich zum Brutus entwickelt. Mit dem Dolch in der Hand hinter dem Rücken.“ Das wiederum kommentierte Weishaupt mit den Worten: „ganz zutreffend, eine propagana (!), wie wir sie seit Göbbels (!) kennen." Laut „Kirche-und-Leben.de“ fügte Weishaupt hinzu: „Und dieses propagandaorgan finanziert sich mit Hilfe von Geldern des Erzbistums des eigenen Arbeitgebers."

Das Kölner Erzbistum hat sich inzwischen „vehement von dieser Aussage distanziert“, wie eine Sprecherin der Kirche dem GA mitteilte. Das gelte auch für „jegliche Vergleiche mit Bezug zum Dritten Reich“. Gespräche mit dem besagten Mitarbeiter hätten bereits stattgefunden. Zum Inhalt könne das Erzbistum „zum jetzigen Zeitpunkt aber keine weitere Auskunft geben“.

Picken fordert öffentliche Ermahnung

Bonns Stadtdechant Wolfgang Picken reicht diese „allgemeine Distanzierung“ nicht aus. In einer Pressemitteilung forderte er den noch amtierenden Woelki-Vertreter Weihbischof Rolf Steinhäuser auf, Weishaupt öffentlich zu ermahnen und sich persönlich von dessen Aussagen zu distanzieren. „Wenn Pfarrer Weishaupt seine Aussage nicht zurücknimmt, in der er dem Kölner Domradio Goebbelsmethoden unterstellt hat, und sich dafür entschuldigt, sollte man Pfarrer Weishaupt unverzüglich als Diözesanrichter aus dem Offizialat des Erzbistums Köln entfernen“, so Bonns Stadtdechant.

Der Vergleich sei nicht nur töricht und unbegründet, sondern überdies vermutlich auch strafrechtlich relevant. „Wir können uns als Kirche solche Niveaulosigkeiten nicht leisten. Es ist nicht hinnehmbar, dass sich ein Mitglied der erzbischöflichen Kurie in dieser Weise zu Wort meldet“, findet Picken. Es sei ferner ernsthaft zu prüfen, ob Pfarrer Weishaupt über die hinreichende Integrität verfüge, um weiterhin als Richter im Erzbistum Köln tätig sein zu können. Wer sich mit solchen Kommentaren äußere, müsse mit Zweifeln an seiner intellektuellen Klarheit und moralischen Redlichkeit rechnen.

Am Mittwochnachmittag distanzierte sich Weishaupt von seiner Äußerung. „In einem Facebook Eintrag habe ich "Domradio" als "Propagandaorgan" bezeichnet, das eine Propaganda betreibe und geschrieben: "Goebbels läßt grüßen"“, räumte er in einem weiteren Facebook-Eintrag ein. „Ich erkläre hiermit ausdrücklich, dass ich damit einen völlig unangemessenen Vergleich vorgenommen habe, der in keiner Weise auf die journalistische Arbeit von Domradio zutrifft.“

 Kölner Stadtdechant Robert Kleine äußerte sich kritisch

Domredakteur-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen sagte der Deutschen Presse-Agentur, in dem betreffenden Fall habe das Domradio einen gut recherchierten Bericht der KNA zu den offenen Fragen bei den Finanzen der Kölner Hochschule für Katholische Theologie veröffentlicht. „Man kann das gut oder schlecht finden und entsprechend kommentieren. Ein Vergleich mit der NS-Propaganda von Goebbels verbietet sich. Ein Diözesanrichter eines Erzbistums sollte das eigentlich wissen.“

Der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, schrieb laut dpa auf Facebook, es sei nichts Neues, wenn aus rechtskatholischen Kreisen mit hoher Aggressivität und üblen persönlichen Angriffen gegen Menschen agitiert werde, die eine andere Auffassung hätten. „Dass allerdings ein Priester und Kirchenrichter das Kölner Domradio und damit deren Mitarbeitende mit einem Nazi-Vergleich attackiert, ist völlig inakzeptabel. Solchen furchtbaren Entgleisungen muss klar und deutlich widersprochen werden!“

Auch der Kölner Stadtdechant Robert Kleine äußerte sich kritisch. Auf Twitter schrieb er: „Der Holocaust und das menschenverachtende mörderische Regime der Nationalsozialisten verbieten jeden Nazi-Vergleich." Verschiedenen Medienberichten zufolge stellte der Münchner Priester Wolfgang Rothe inzwischen Strafanzeige gegen Weishaupt wegen des Nazi-Vergleichs. Weishaupt ist Priester der niederländischen Diözese Roermond und seit 2013 Kirchenrichter im Erzbistum Köln. Zudem lehrt er zu lateinischen Kirchentexten an der Hochschule Heiligenkreuz in Österreich.

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