Das ist Rheinisch Et es keene Mann esu jot, er hätt ene Wolfszahnt unger dem Hoot

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal ist es: Et es keene Mann esu jot, er hätt ene Wolfszahnt unger dem Hoot.

 Es ist kein Mann so gut.....

Es ist kein Mann so gut.....

Foto: GA-Grafik

Wir haben an dieser Stelle schon sehr viele rheinische Redensarten unter die Lupe genommen und sie auf ihre genaue Bedeutung hin geprüft. Manche stammten aus dem bäuerlichen Umfeld, manche aus dem kirchlichen Leben, und wieder andere waren Lebenshilfen oder allgemeine ethische Handlungsanweisungen. Was wir bisher noch nie hatten, sind Sinnsprüche, die ausschließlich Frauen vorbehalten sind.

Das Bild des Mannes im Wandel der Zeit

Insofern ist die Zuschrift einer 90-jährigen Leserin ein absolutes Novum. Es geht ihr um die Redensart: „Et es keene Mann esu jot, er hätt ene Wolfszahnt unger dem Hoot!“ Die Bedeutung ist durchaus sehr speziell und das Anwendungsfeld sehr eingegrenzt. Ins Hochdeutsche übersetzt heißt es: Es ist kein Mann so gut, er hat einen Wolfszahn unter dem Hut! Das klingt erstens einigermaßen brutal und zweitens ein bisschen fatalistisch.

Gemeint ist die Situation, wenn ein eigentlich gutmütiger Mann mal aus der Haut fährt oder überraschenderweise mit der Faust auf den Tisch schlägt. Vielleicht wurde er über längere Zeit gereizt, und es hat sich Frust angestaut. Die sinngemäße Übersetzung wäre dann wohl: Auch der gutmütigste Mann hat irgendwo – wenn auch versteckt – eine bissige Seite – also Vorsicht!

Aus der Zeit als man noch Hut trug

Der Satz ist verbürgt für die erste Hälfte den 20. Jahrhunderts, er existierte also schon vor rund 100 Jahren. Damals trug der Mann noch standardmäßig einen Hut. Und damals galten noch Härte und Unnachgiebigkeit als männliche Ideale. Noch hatte nicht Ina Deter ihr Lied „Neue Männer braucht das Land“ gesungen und damit eine fundamentale Änderung im Verhältnis zwischen dem weiblichen und dem männlichen Geschlecht anmoderiert.

Heute wirkt es aus der Zeit gefallen, eine etwaige generelle männliche Aggressionsbereitschaft mit einem Wolfszahn zu vergleichen. Aber wer weiß, die Wölfe kommen ja auch wieder und sorgen für Unruhe. Vielleicht gibt es ja auch anthropologische Konstanten, die man nicht aberziehen kann. Insofern ist es sicher sinnvoll, auf der Hut zu bleiben, selbst wenn sich ein Mensch noch so devot präsentieren sollte.

Die rheinischen Redensarten sind auch als Buch erhältlich: „Rheinisch für Fortgeschrittene“. Haben Sie eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns an: rheinisch@ga.de

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