Die So-da-Brücke Warum bei Euskirchen mitten auf dem Feld eine Autobahnbrücke steht

Euskirchen · Eine Autobahnbrücke ohne zugehörige Autobahn oder überhaupt nur eine Anbindung an eine Straße? Eine solche steht mitten auf einem Feld in Euskirchen. Was steckt dahinter?

 Die Soda-Brücke in Euskirchen steht einfach so da.

Die Soda-Brücke in Euskirchen steht einfach so da.

Foto: Jörg Manhold

So langsam wächst sie zu. Von weitem kann man sie kaum noch als das erkennen, was sie einst war, oder gar werden sollte. Dabei ist sie inzwischen zum inoffiziellen Denkmal avanciert. So steht es jedenfalls auf dem Schild an ihrem Sockel: „Denkmal für alles Seltsame, Unvollständige, Widersprüchliche, Zweifelhafte und Wunderbare“. Das klingt poetisch, sphärisch gar, bezeichnet aber ganz banal einen schlichten eckigen Betonklotz. Er steht genau mittig im Dreieck zwischen Frauenberg, Elsig und der Mercator-Kaserne in Euskirchen. Mitten auf dem Feld. Und zwar so, dass man nicht zufällig daran vorbeikommt. Man muss es schon wollen.

Noch bevor etwa in Bonn die Schwierigkeiten mit dem Bauprojekt des WCCB ruchbar wurden und lang vor der Sanierung der Beethovenhalle, hatte alles öffentliche Handeln einmal den Nimbus, in der Regel vorausschauend, planvoll und verlässlich zu sein. Dieser Glaube hat sich inzwischen als Fiktion erwiesen. Nicht zuletzt durch Corona und die Hilflosigkeit im Umgang mit der Flutkatastrophe von vor einem Jahr hat das Vertrauen in die Berechenbarkeit staatlichen Handelns schwer erschüttert.

Die Soda-Brücke: Ein Betonklotz auf dem Feld

Dabei hat es schon viel früher immer mal wieder geruckelt. Nehmen wir unseren Betonklotz bei Elsig. Der stammt noch aus den 70er Jahren. Er ist in die Geschichtsbücher eingegangen als „Soda-Brücke“. Weltweit gibt es etliche davon, aber die Euskirchener Ausgabe gilt als namens- und stilprägend. Es handelt sich nämlich um eine Autobahnbrücke, die nie fertiggestellt und nie ans Straßennetz angeschlossen wurde. Und das kam so: Vor rund 35 Jahren plante man unterhalb von Frauenberg eine neue Autobahn, die A56. Und zwar in der Verlängerung der heutigen B56neu. Sie sollte als südliche Umgehung des Kölner Rings für Entlastung sorgen im Verkehrsgeflecht der Domstadt.

Nun geschah es, dass ein Euskirchener Bürger Klage einreichte, mit der Begründung, die geplante Trasse führe zu nahe am Euskirchener Stadtrand vorbei. Es geschah das Unausweichliche. Akten wurden hin und her geschoben und das ganze Verfahren zog sich hin wie Kaugummi. In diesem Zusammenhang wurde die Autobahn 56 zur Bundesstraße 56 herabgestuft. Dadurch wurde die Planungsgrundlage Makulatur, und es brauchte nur noch einen Gerichtsbeschluss, um das komplette Projekt zu kippen. Seitdem ist die Soda-Brücke in den Dornröschenschlaf gefallen und schlummert seither vor sich hin.

Hier ist der Anfang der Autobahntrasse zu besichtigen

Übrigens ist der geplante Anfang der Autobahntrasse heute immer noch zu besichtigen und zwar als die drei Kilometer lange Südbrücke (Konrad-Adenauer-Brücke) über den Bonner Rheinauen. Deren Verlängerung durchs Siebengebirge zur A3 und durch den Venusbergtunnel nach Euskirchen geisterte noch Jahrzehnte später als Signalwort „Südtangente“ durch die Forderungskataloge manchen Verkehrspolitiker. Alles kalter Kaffee.

Die Soda-Brücke steht also weiter als Mahnmal für die zweifelhaften Planungsfähigkeiten öffentlicher Behörden im Grünen und wird jetzt selbst langsam grün. Im Jahr 2001 zog sie nochmal die Aufmerksamkeit auf sich, als die Kölner Band Bap sie als Covermotiv für ihre neue CD „Aff un zo“ erwählte. Das Musikvideo für den Titelsong spielten die Bapianer auf dem unfertigen Sockel ein. Und zur Veröffentlichung des Werks gab es noch ein Konzert vor Ort. Da war noch viel Beton zu erkennen. Bap-Sänger Wolfgang Niedecken war – so lautet die Legende - auf die einsame Brücke aufmerksam geworden, als er zu seinem Wochenenddomizil nach Kronenburg in die Eifel fuhr. So ein verlorener Ort hat seinen Reiz. Eben ein Lost Place.

Jetzt hängt dort nur noch ein Briefkasten mit abgerissener Klappe, und darin eine Tüte mit Hundekot. Gaffitti-Sprayer haben ihre Arbeit verrichtet. Die Bäume um die Brücke sind inzwischen hochgewachsen und bilden mit dem benachbarten knallgelben Rapsfeld eine Ampelkoalition. Roter Ahorn und grüne Weiden setzen entsprechende Akzente. In lichter Höhe sind etliche Vogelnistkästen angebracht. Die Natur holt sich zurück, was ihr gehört. Nur hin und wieder kommen Spaziergänge, Radfahrer und Jogger vorbei. Der örtliche Landwirt fährt immer wieder an dem Fanal der Fehlbarkeit vorbei. Die eckige Röhre mit den beiden T-förmigen Fronten liegt nutzlos da und stellt sich tot.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort