Prozess in Köln Ex-Förderschüler hat Anspruch auf Entschädigung durch NRW

Köln · Ein heute 21-Jähriger musste seine Schulzeit an einer Förderschule für geistige Behinderung verbringen - obwohl es Anzeichen gab, dass er auch auf einer Hauptschule hätte erfolgreich sein können. Der junge Mann verklagt daher NRW - und bekommt grundsätzlich Recht.

Ein zu Unrecht auf eine Förderschule für geistige Behinderung geschickter junger Mann hat Anspruch auf Entschädigung durch das Land Nordrhein-Westfalen. NRW habe seine Amtspflichten verletzt und hafte für die fehlerhafte Beschulung des heute 21-Jährigen, entschied das Landgericht Köln am Dienstag. Über die Höhe der Entschädigung wurde zunächst keine Entscheidung getroffen. Der frühere Förderschüler hatte unter anderem rund 40 000 Euro Schaden aufgrund von Verdienstausfällen geltend gemacht.

Der 21-Jährige hatte bis zu seinem 18. Lebensjahr eine Förderschule für geistige Behinderung besucht, zunächst in Bayern, nach einem Umzug dann in Köln. Das Land verklagte der Mann, weil er sich dort zu Unrecht festgehalten sah. Man habe erkennen können und müssen, dass der Förderschwerpunkt geistige Entwicklung falsch gewesen sei - immer wieder habe er vergeblich um einen Schulwechsel gebeten. Im Ergebnis seien ihm Chancen verbaut worden, unter anderem die Möglichkeit, früher seinen Hauptschulabschluss zu machen und mit 16 Jahren eine Ausbildung zu beginnen. Später holte er als einer der Klassenbesten den Hauptschulabschluss auf einem Berufskolleg nach.

Das Landgericht urteilte, dass der Schule in Köln bei einer jährlichen Überprüfung tatsächlich hätte auffallen müssen, dass bei dem Schüler kein Förderbedarf mehr im Bereich der geistigen Entwicklung bestand. Bereits beim ersten Zeugnis im Juni 2009 - nach seinem Wechsel nach Köln - habe es genügend Anhaltspunkte für eine eingehende Untersuchung gegeben. Die in Bayern im Jahr 2004 getroffenen gutachterlichen Feststellungen hätten dann keine Grundlage mehr darstellen können. Der heute 21-Jährige war dort als geistig behindert eingestuft und auf eine Sonderschule geschickt worden. Er sprach damals kaum Deutsch.

Nach Angaben des Elternvereins „Mittendrin“, der sich für Inklusion einsetzt und den 21-Jährigen unterstützte, jobbt er heute in einem Supermarkt und strebt eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann an. Der Verein forderte nach dem Urteil Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) auf, die Förderschulen auf weitere Fälle dieser Art zu überprüfen. Es handele sich nicht um einen Einzelfall.

Das Land kann gegen das Urteil Berufung einlegen.

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