A3 in Köln Experte: Mängel an Lärmschutzwand hätten behoben werden müssen

Köln · Nach dem tödlichen Unfall wegen einer herabgestürzten Betonplatte auf der A3 stellt sich heraus, dass die Mängel an der Lärmschutzwand seit Jahren bekannt waren. Experten üben Kritik. Die Staatsanwaltschaft wartet auf ein Gutachten.

 Eine große Betonplatte einer Lärmschutzwand war auf der Autobahn 3 bei Köln auf einen Wagen gestürzt und hatte eine Autofahrerin getötet.

Eine große Betonplatte einer Lärmschutzwand war auf der Autobahn 3 bei Köln auf einen Wagen gestürzt und hatte eine Autofahrerin getötet.

Foto: dpa/WupperVideo

Die bereits seit Jahren bekannten Mängel an der Lärmschutzwand an der Autobahn 3 hätten nach Ansicht von Experten unmittelbar behoben werden müssen. Bis zur Beseitigung hätte der Autobahnabschnitt bei Köln gar nicht für den Verkehr freigegeben werden dürfen, kritisierte der Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW, Heinrich Bökamp, am Donnerstag. Vor rund zwei Wochen war an der Stelle eine Autofahrerin von einer Betonplatte erschlagen worden, die sich aus der Lärmschutzwand gelöst hatte. Der Landesbetrieb Straßen.NRW hatte am Mittwochabend mitgeteilt, dass die mangelhafte Konstruktion von Lärmschutzwänden schon 2008 bekannt gewesen sei.

In dem Abnahmeprotokoll sei „die improvisierte Konstruktion als Mangel aufgeführt und nur unter dem Vorbehalt eines statischen Nachweises abgenommen“ worden, erklärte Straßen.NRW. Dieser Nachweis sei „trotz mehrfacher Aufforderung nicht erbracht“ worden. Die Baufirma sei mittlerweile insolvent. Zur Frage, warum der Mangel im Endeffekt nicht abgestellt worden sei, wollte ein Sprecher des übergeordneten NRW-Verkehrsministeriums sich wegen der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht äußern.

Die Kölner Staatsanwaltschaft will nun zunächst das Ergebnis ihres Gutachtens abwarten, das in einigen Wochen vorliegen werde. „Wir ermitteln weiterhin in alle Richtungen gegen Unbekannt“, sagte ein Sprecher. Die Erkenntnisse von Straßen.NRW flössen in die Ermittlungen mit ein.

Kammerpräsident Bökamp sagte laut Mitteilung, eine Bauabnahme setze voraus, dass erkannte Defizite, die die Standsicherheit beeinträchtigen, auch behoben werden. Erst danach dürfe die Abnahme und die Freigabe für den Verkehr erfolgen.

Auch der Mobilitätsexperte des ADAC, Roman Suthold, äußerte Unverständnis. „Man kann nur mit dem Kopf schütteln, dass das nach 2008 offenbar nicht im Auge behalten wurde“, sagte er der dpa. Indem man die Baufirma aus der Verantwortung gelassen habe, habe Straßen.NRW sich nun selbst in Haftung genommen.

Das Verkehrsministerium hat nach eigenen Angaben einen externen Gutachter beauftragt, der die Verfahren bei Abnahmen und Prüfungen bewerten soll. „So soll festgestellt werden, ob es sich um eine Verkettung individueller Fehler und Versäumnisse handelt, oder ob ein generelles Defizit in den Abläufen des Landesbetriebes vorliegt.“

Bei Untersuchungen nach dem Unfall hatte sich herausgestellt, dass die heruntergestürzte Betonplatte sowie sechs weitere Platten beim Einbau fehlerhaft befestigt worden waren. Es sei „offenbar aus Platzgründen bewusst mit geschweißten Winkeln improvisiert“ worden, hatte der Landesbetrieb damals berichtet. Alle Platten sind inzwischen entfernt.

Wie Straßen.NRW nun am Mittwoch mitteilte, wurden an weiteren 25 Abschnitten an Autobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen in NRW ähnliche Konstruktionen mit sogenannten Vorsatzschalen verbaut. Alle Lärmschutzplatten würden jetzt einer „handnahen Sichtprüfung“ unterzogen. Bislang gebe es aber keinen Hinweis auf „ähnliche nicht regelkonforme Konstruktionen.“ Auch in Bonn und Königswinter werden Prüfungen durchgeführt.

Unter den 25 Abschnitten sind laut Verkehrsministerium Lärmschutzwände an der A1 bei Wuppertal-Langerfeld, der A44 bei Düsseldorf, der A46 bei Wuppertal und der A59 bei Duisburg. Wegen der Prüfungen könne es in nächster Zeit in Einzelfällen kurzfristig zur Sperrung einzelner Fahrstreifen kommen, sagte der Ministeriumssprecher am Donnerstag.

In Düsseldorf sollen nach Angaben der Stadt im viel befahrenen Rheinalleetunnel Betonplatten an den Wänden gesichert werden, weil bei der aktuellen Hauptprüfung Schäden aufgefallen seien. Wegen der Arbeiten wird bis Mitte Dezember außerhalb der Hauptverkehrszeit jeweils eine Spur gesperrt.

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