Kölner Philharmonie Franz Welser-Möst glänzt mit dem Cleveland Orchestra

KÖLN · Wenn ein österreichischer Dirigent Ludwig van Beethoven auf das Programm setzt, wirkt das nur allzu selbstverständlich. So auch bei Franz Welser-Möst.

Mit dieser natürlichen Affinität verleiht er auch seiner Tätigkeit als Chef des Cleveland Orchestra (seit 2002) Akzente. Bei einer Tournee, die jetzt in der Philharmonie Station machte, hatte er die "Vierte" im Gepäck - und Dmitrij Schostakowitschs Sinfonie Nr. 8. Welser-Möst hat eine für ihn einschneidende Begegnung mit der Musik dieses Komponisten zu Protokoll gegeben.

Mit 14 Jahren erlebte er Jewgenij Mrawinskij mit der 5. Sinfonie. "Das war, als ob ein Panzer über mich gerollt wäre." Manche Hintergründe bei den Werken Schostakowitschs dürften, selbst wenn sie als offiziell beziehungsweise authentisch gelten, ideologisch gefärbt oder nur vage interpretiert sein. Manchmal lassen sich Fehldeutungen aber auch historisch korrekt benennen.

Die 7. Sinfonie beispielsweise wurde noch vor dem Einmarsch deutscher Truppen in die Sowjetunion konzipiert, aber dennoch "Leningrader" getauft. Ihr verheißungsvoll wirkendes Finale fehlt der in Köln gespielten 8. Sinfonie. Die Musik endet zwar in einem ätherischen Dur, aber dieses klingt nicht wirklich geglaubt. Das Werk wurde denn auch von der offiziellen Politik lange geächtet.

Eine Interpretation kann sicher keinen hieb- und stichfesten Beweis von wirklich Gemeintem, von unterschwelligen Gefühlen liefern, wohl aber nahe liegende Intentionen unterstreichen. Franz Welser-Möst tat dies mit Kraft und Nachdruck, ohne sich dabei gestisch als Ekstatiker zu gebärden. Das wahrhaft superbe Cleveland Orchestra kam seinen Weisungen minutiös nach. Es spie die von massivem Schlagzeug grundierten Crescendi in den Schlusssätzen geradezu vulkanisch hervor, um an anderer Stelle in einem fast unhörbaren Pianissimo zu verdämmern.

Auf einem solch fragilen Streicherteppich machte das lange Solo des Englischhorn (1.Satz) besondere Wirkung, ein beklemmendes Lamento, welches freilich auch etwas Tröstliches an sich hatte. Dennoch überwiegen bei der Sinfonie die Zeichen von Verzweiflung und Klage.

Starker Beifall hatte zuvor schon Beethoven gegolten, dessen 4.Sinfonie Welser-Möst eine sehr konturenklare, rhythmisch vibrierende und dynamisch voll ausgereizte Interpretation angedeihen ließ. Die wie im Dunkel suchende Adagio-Introduktion hat Auswirkungen allerdings dann noch, wenn Beethovens etwas ruppiger Humor Platz greift.

Welser-Möst versagte den Figurationen des Hauptthemas klassizistische Freundlichkeit, ließ sie quasi wie Blitze durch den Raum funkeln. Im Adagio wiederum bewies das Orchester seinen oft gelobten Schönklang, das Finale wirbelte virtuos dahin.

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