Das ist Rheinisch Hä säht, sie säht, su hät hä jesaht, wat sull dat sin, dat sie dat säht, dat hä dat sull jesaht han!

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal ist es: Dat hä dat sull jesaht han!

 Dass er das gesagt haben soll!

Dass er das gesagt haben soll!

Foto: GA-Grafik

Wer schon mal als Nichtrheinländer bei einem rheinischen Familienfest alter Facon dabei war, dem werden sicher irgendwann die Ohren geklingelt haben. Zumindest in früheren Zeiten war das Standardsetting: Bei einem Geburtstag kam die ganze Familie zusammen. Und ausnahmsweise setzte man sich nicht in die Wohnküche und auch nicht ins Alltagswohnzimmer. Vielmehr ging es dann in die gute Stube, in das Wohnzimmer für besondere Anlässe.

Wie gesagt: Geburtstägliche Familienfeste, Weihnachten, Silvester und Ostern war Leben in diesem Raum, sonst nicht. Man ging höchstens mal zum Staub putzen rein. Und wenn sie dannalle so da sitzen auf Sofa und Sesseln und dazu gestellten Holzstühlen, erhebt sich ein Stimmengewirr, das für den Opa mit dem Hörgerät nur schwer verständlich ist. Zumindest vor einigen Jahren noch gehörte auch das Rauchen zum guten Ton. Der Vater mit der Zigarre, die Mutter mit der Zigarette und der Opa mit der Schaumpfeife. Zu viel Klischee? Schon lang vorbei? Kann sein, aber diese Situationen gab es. Und nicht selten.

Schwer verständliche Schnellsprechverse

Schwer verständlich sind die Gespräche in diesem Moment allerdings auch für die Zugezogenen, denn oft läuft die Konversation im Dialekt ab. Und am schönsten klingt das, wenn zu diesem Anlass tiefschürfende Weltweisheiten sehr schnell gesprochen werden. In diesem Punkt hat der Rheinländer eine besondere Begabung. Und wenn für den Außenstehenden schon der Inhalt nicht schnell zu erfassen ist, so kann er sich wenigstens am sprachlichen Rhythmus erfreuen. Der Höhepunkt allerdings ist erreicht, wenn einer dieser reizvollen Schnellsprechreime auf den Tisch kommt. Hier trifft virtuose Sprachgewandtheit tief verwurzelten Mutterwitz.

Ein schönes Beispiel dafür ist der Satz: „Hä säht, sie säht, su hät hä jesaht, wat sull dat sin, dat sie dat säht, dat hä dat sull jesaht han!“ Ganz im Ernst. Dieser Satz muss schnell gesprochen werden, sonst verfehlt er seine Wirkung. Und das wäre schade, denn wir so oft, fehlt es ihm an inhaltlicher Präzision. Zu gut Hochdeutsch müsste man übersetzen: Er sagt, sie sagt, so hat er gesagt, was soll das sein, dass sie das sagt, dass er das gesagt haben soll?!

Grammatikalische Möglichkeitsfälle

Unserer knallharte Analyse ergibt: Hier wird berichtet, dass jemand etwas gesagt hat, was jemand anderer transportiert und zugleich infrage stellt. Oder so ähnlich. Das Verb „sagen“ wird hier durch etliche grammatikalische Möglichkeitsfälle gejagt. Über den Gegenstand des angeblich Besprochenen erfährt man: Nichts. So bleibt uns, frei nach William Shakespeare zusammenfassen: Viel Lärm um Nichts! Und das charakterisiert ja so manches Familienfest, oder?!

Hören Sie auch unseren Podcast „So geht Rheinisch“ auf allen Podcastplattformen und ga-bonn.de/podcast. Haben Sie eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns an: rheinisch@ga.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort