Rheinisch Isch han et Muhrbommele!

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: Muhrbommele.

 Ich habe das Möhrenbaumeln: Mir geht es schlecht.

Ich habe das Möhrenbaumeln: Mir geht es schlecht.

Foto: GA-Grafik

Der Rheinländer ist genial kreativ, wenn es darum geht, sich griffige Synonyme und treffende Sprachbilder auszudenken. Und das fließt dann auch in den Kanon der rheinischen Redensarten ein. Es wird um so kreativer, desto schwerer ein Sachverhalt rein faktisch zu greifen ist. Das gilt auch für den Satz: “Isch han et Muhrbommele”. Zugegeben: Da steht man als Außenstehender erstmal wie der Ochs vorm Berg. Und fragt sich: Ja, wat is dat denn?

Diese Redewendung hat uns ein Mundartsachverständiger aus der Voreifel anempfohlen, der sich zwar schon lange sehr eifrig mit der Thematik Dialekt beschäftigt, aber selbst nicht von hier stammt. Für ihn ist das einer der schönsten Ausdrücke, denen er hierzulande bisher begegnet ist. Es ist ja immer interessant und lehrreich, die Perspektive eines von außen Kommenden zu erfahren. Dessen Blick ist meist klarer und unverstellter.  

Wenn die Möhren baumeln

Was also meint der Native-Speaker, also der rheinische Muttersprachler, wenn der vom “Muhrbommele” spricht. Meistens begleitet übrigens eine gewisse Leidensmiene und eine kränkelnde Stimmfärbung diesen Satz. Man ahnt es schon, es handelt sich hierbei um eine Selbstdiagnose. Und zwar eine, die ein Kranker gegenüber dem Hausarzt äußert. Dabei hat der Patient sicher nicht im Internet nach konkreten Krankheitssymptomen gesucht. Er beschreibt vielmehr eine unklare Gefühlslage. Muhrbommele heißt nämlich wörtlich übersetzt: Möhrenbaumeln. Da hat also jemand das Möhrenbaumeln. 

Diese Formulierung spielt darauf an, dass eine unpässliche, kränkelnde Möhre ihr Kraut, das sich normalerweise vital in die Höhe reckt, schlapp herabhängen lässt. Und das ist dann ein Synonym für: Ich fühle mich insgesamt nicht gut, irgendwie antriebslos und schlapp. Es gibt ja gelegentlich diese Phasen, in denen man sich in sein Schneckenhaus zurückziehen möchte und von der Welt genug hat. Für den Arzt kann das ein Anfangsverdacht für sehr viele Krankheiten sein. Mit einem Wort: Die Selbstdiagnose ist einigermaßen unspezifisch.

Den Kopf nicht hängen lassen

Ist jemand körperlich erkrankt und empfindet deshalb eine gewisse Mattigkeit, oder ist die Lustlosigkeit selbst schon die Krankheit. Wie dem auch sei, es ist beileibe kein Todesurteil. Aus dieser Krise kann man sich herausarbeiten. Es bleibt ein wunderschöner bildlicher Vergleich mit der Möhre, deren Grünzeug schlaff herabhängt und damit signalisiert: Mir geht es nicht gut. Im Hochdeutschen gibt es dafür das sehr ähnliche, aber bei weitem nicht so inspirierte Bild vom „Kopf hängen lassen”.

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