Denkmal in Köln Junge Handwerker retten "Römerkanal"

KÖLN · Teile des monumentalen Römerkanals von der Eifel nach Köln sind jetzt „bewegliche Bodendenkmäler“. Beinahe wären sie wegen der Neuführung der B265 in Hürth zerstört worden.

Die Jugendlichen Joel Zinke (l.) und Cedric Niedringhaus mit Professor Klaus Grewe aus Swisttal.

Die Jugendlichen Joel Zinke (l.) und Cedric Niedringhaus mit Professor Klaus Grewe aus Swisttal.

Foto: Marcel Zanjani, LVR

Ihre Namen – L9, S10 oder S3 – lassen nicht annährend erahnen, wie beeindruckend sie sind. Aber jetzt, auf dem Gelände des Bildungszentrums Butzweiler Hof der Handwerkskammer Köln, kann man sie in voller Pracht und Größe in Augenschein nehmen. Die von einem Dachgewölbe bekrönten Kolosse aus Beton und Mauerwerk sind 1,60 Meter lang und 1,70 Meter hoch, mitsamt Transportsicherung wiegt ein jeder von ihnen rund sechs Tonnen. 2000 Jahre lang ruhten die Bestandteile der römischen Wasserleitung, die von der Eifel nach Köln führte, unter der Erde. Als der Neuführung der Bundesstraße 265 in Hürth bei Köln 55 Meter des „Römerkanals“ weichen mussten, wären sie beinahe der Zerstörung anheimgefallen. Dass das nicht der Fall, ist dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland zu verdanken. In Kooperation mit der Kölner Handwerkskammer, dem LandesBetrieb Strassen.NRW und dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW beschloss man ein wegweisendes Pilotprojekt.

Nachdem das Bonner Fachunternehmen ArchaeoNet das Mauerwerk freigelegt hatte, wurde es von den Straßenbauern in 28 gleich große Blöcke zersägt, nummeriert und evakuiert. Während die Straßenbauer selbst sechs Stück konservieren und vor Ort ausstellen wollen, wanderten die restlichen 22 Kanaltranchen aufs Gelände am Butzweiler Hof. Hier werden sie derzeit restauriert – von 25 angehenden Fachhandwerkern im Betonbau. Angeleitet werden die jungen Männer dabei von Ausbildungsleiter Günter Ehlen und Diplom-Restaurator Sieverding. Die Kosten der Restaurierung (pro pro Block knapp 10.000 Euro), kann von Gemeinden, Firmen, Institutionen Verbänden, aber auch Schulen und Privatpersonen übernommen werden, die sich mit dem Monument verbunden fühlen und dafür Sorge tragen, dass es öffentlich zugänglich, witterungsfest und mit einer Informationstafel versehen, präsentiert wird. Das Landesministerium beteiligt sich auf Antrag zur Hälfte an den Kosten.

Am Dienstag konnten bei einem Pressetermin auf dem Gelände nicht nur die ersten zehn fertigen Blöcke präsentiert werden, sondern auch die ersten „Paten“ für die Aktion junge Handwerker retten antikes Bauwerk. Darunter beispielsweise die Unternehmergruppe Krings aus Rheinbach, die Strabag AG aus Hennef, die Stadtentwässerungsbetriebe Köln, das Aquarius Wassermuseum Mülheim, die Handwerkskammer Köln oder die RheinEnergie AG. Aber auch das Heilig-Geist-Gymnasium in Würselen bei Aachen. Hier gelang es Geschichts- und Lateinlehrer Timo Ohrndorf (37) und seinem Kollegen Olaf Grodde (48), die dafür nötige Begeisterung zu entfachen: „Die Schüler lesen so viel in Büchern, aber das ist eine Möglichkeit, Geschichte tatsächlich zu erleben.

Diese Chance, eine der großen römischen Architekturleistungen bei uns auf dem Schulhof, die haben wir nur ein einziges Mal.“ Und lange gezittert, ob die Finanzierung auch klappt. Ab April 2019 soll der restaurierte Kanalblock Einzug in Würselen halten – an einem Platz, der auch für Nicht-Schüler gut einsehbar. So gut, dass man darauf auch die Namen der Azubis erkennen kann, die genau an diesem Objekt gearbeitet haben. Vielleicht ja die Namen von Joel Zinke (18) und Cedric Niedringhaus (18). Sie sind zwei der 25 Auszubildenden, die im ersten Lehrjahr Tuchfühlung mit den Römern aufnahmen. „Ich wusste anfangs nicht, was das ist, aber jetzt weiß ich es, es ist Teil der Geschichte“, sagt Niedringhaus, „und da haben wir den Lehm rausgekratzt“.

Auch Zinke fand es faszinierend, sich Schicht für Schicht durch das historische Material zu arbeiten: „Und so dafür zu sorgen, dass es erhalten bleibt, es zu schützen.“ Ausbilder Ehlen findet das Projekt einzigartig: „Das ist bisher noch nie dagewesen. Der Brückenschlag von historischem zu modernem Handwerk weckt bei Jugendlichen starkes geschichtliches Interesse. Sie waren mit Begeisterung bei der Sache, in dreieinhalb Wochen haben wir sechs Blöcke fertig gestellt.“ Was aus Hürth gerettet wurde, firmiert fürderhin als „bewegliches Bodendenkmal“.

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