Kölner stellten sich erfolgreich quer Kögida kam keinen Meter weit

Köln · Die junge Dame inmitten der Demonstranten hatte eine erstaunliche Ausdauer. Unentwegt hielt sie ihr kleines Schild in die Höhe. Tegida hatte sie darauf geschrieben: "Tolerante Europäer gegen die Idiotisierung des Abendlandes."

Damit war klar, was sie und die Tausenden anderer Demonstranten vor dem LVR-Turm von den Kögida-Anhängern halten, die zu ihrem ersten Montagsspaziergang aufbrechen wollten. Doch dazu sollte es nicht kommen.

Auf dem Ottoplatz hatten sich, wie von den Veranstalter prognostiziert, bis gegen 18 Uhr rund 500 "Kölner gegen die Islamisierung des Abendlands" versammelt, darunter auch Rechtsextreme und Hooligans. Dann wurde es kurze Zeit hektisch. Rund 100 zum Teil maskierte und bewaffnete Personen, die nicht zu den Kögida-Demonstranten gehörten, tauchten plötzlich auf der Opladener Straße auf. Die Polizei hielt sie mit starken Kräften zurück. Das Gelände rund um die Jugendherberge in Deutz wurde abgesperrt. Über dem Areal kreisten Polizeihubschrauber. Das war der einzige größere Zwischenfall des Abends.

Durch einen breiten, von Polizisten gesicherten Korridor blieben die friedlichen Demonstranten voneinander getrennt. Eine recht kleine Kögida-Schar auf der einen, ein beeindruckendes Bollwerk, das das Bündnis "Wir stellen uns quer" mobilisieren konnte, auf der anderen Seite. Tausende Gegendemonstranten waren vor dem LVR-Turm zusammengekommen. Überall an der geplanten Route hatten sich Kögida-Gegner postiert. Der Weg hätte über die Deutzer Brücke bis zum Roncalliplatz führen sollen. Ein Sprecher des Bündnisses "Kein Veedel für Rassismus" schätzte, dass über 10.000 Gegendemonstranten gekommen waren. "Wir können in Köln stolz darauf sein, dass wir es in kürzester Zeit geschafft haben, so viele Menschen zu versammeln, um ein Zeichen zu setzen", sagte Oberbürgermeister Jürgen Roters. Ein beeindruckendes Zeichen setzte auch Dompropst Norbert Feldhoff: Wie angekündigt wurde die Beleuchtung des Doms abgeschaltet. Etliche Unternehmen und Institutionen in der Altstadt folgten dem Beispiel - die dunkle linke Rheinseite bot einen gespenstischen Anblick.

Der Kölner Dom vorher und nachher: Gegen 18 Uhr wurde am Montagabend die Beleuchtung der Kathedrale und weiterer Gebäude aus Protest gegen die Kögida-Demonstration ausgeschaltet. (Fotos: dpa/ Grafik: Clemens Boisserée)

Auf der Aufstellfläche am Auenweg, die die Polizei abgesperrt hatte, bekamen die Gegendemonstranten davon nichts mit, weil das LVR-Hochhaus den Blick versperrte. Dort wurde es im Laufe des Abends immer enger, da der Zustrom von der Hohenzollernbrücke kaum weniger wurde. "Wir brauchen Platz", forderten die Demonstranten lautstark. Auch Versammlungsleiter Jörg Detjen appellierte per Mikrofon an die Polizei, die Sperrung aufzulösen. Das Ziel war klar. Die Gegendemonstranten wollten auf die Opladener Straße, um den Zug der Kögida-Anhänger auf jeden Fall zu blockieren. Doch die beeindruckende Masse reichte auch so. Gegen 19.15 Uhr verkündete der Versammlungsleiter der Kögida-Demo: "Wir werden nicht gehen können. Köln lässt uns nicht laufen." Seinen Anhängern gegenüber begründete er die Absage des Spaziergangs mit Sicherheitsbedenken. Eine halbe Stunde später löste sich die Kundgebung auf, die Teilnehmer wurden von der Polizei in den Bahnhof geleitet.

Für die Gegendemonstranten ein Grund zum Jubeln. "Der optimale Fall ist eingetreten", sagte Hans Lober, Sprecher von "Kein Veedel für Rassismus". Auch Brigitta von Bülow, Sprecherin von "Köln stellt sich quer", freute sich. "Das war einfach nur super", sagte sie am Telefon, während sie mit ihren Mitstreitern über die Deutzer Brücke in die Stadt ging - den Weg, den eigentlich die "Kögida"-Anhänger hätten gehen wollen.

Verständnis für Verdunkelung

Für die Verdunkelung des Kölner Doms bei der Pegida-Kundgebung am Montagabend in Köln hat das Domkapitel schon vorab viel Zuspruch erhalten. Sogar die Vatikan-Zeitung "L´Osservatore Romano" lobte die Aktion, und in Köln schlossen sich die Hausherren anderer markanter Bauwerke wie der evangelischen Antoniterkirche und des Schokoladenmuseums an.

Der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff berichtete gestern aber auch von kritischen Reaktionen bis hin zu Kirchenaustritten. "Das ist zum Teil erschütternd, warum man gegen unsere Aktion ist", sagte Feldhoff gestern. "Einmal wurde sogar Hitler gelobt." Bestärkt fühlt sich Feldhoff jedoch von den rund 500 zustimmenden Rückmeldungen, die ihn übers Wochenende erreicht hätten - teils auch von Menschen, die schon länger nicht mehr in der Kirche seien. "Insofern hoffen wir, dass wir mit der Aktion diejenigen erreichen, die bei Pegida mitgehen, aber eigentlich guten Willens sind. Sie möchten wir zum Nachdenken bringen."

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