Gondel über dem Rhein Kölner Seilbahn feiert Gold-Jubiläum

KÖLN · Als sie im März 1957 eröffnet wurde, war die Kölner Seilbahn die einzige in Europa, die über einen Fluss fuhr. Eine echte Hightech-Attraktion und Teil des Konzepts, mit dem die Stadt zur Bundesgartenschau (BUGA) im gleichen Jahr aufwartete. Seit 1964 fährt die Kölner Seilbahn unfallfrei über den Rhein.

 Seit 50 Jahren schwebt die Seilbahn über den Rhein.

Seit 50 Jahren schwebt die Seilbahn über den Rhein.

Foto: dpa

An klaren, warmen Sommertagen, an denen das Sonnenlicht dem trägen Graubraungrün des Rheins einen flirrend goldenen Schimmer verleiht, reicht die Schlange bis zur nächsten Straßenkreuzung. Den Fluss mit der Seilbahn zu überqueren, ist nicht die kürzeste aller Möglichkeiten. So rauscht eine Fahrt mit dem Auto über die Mülheimer Brücke in etwa 120 bis 180 Sekunden vorbei, während jede der 44 Gondeln gemächliche sieben Minuten braucht, um von einem Ufer zum anderen zu gelangen.

Im Vergleich zum Pkw geht das Gondeln über den Rhein im Schneckentempo vonstatten. Mit gerade einmal zehn Stundenkilometern. Dafür aber mit umso höherer Erlebnisqualität.

Als sie im März 1957 eröffnet wurde, war die Kölner Seilbahn die einzige in Europa, die über einen Fluss fuhr. Eine echte Hightech-Attraktion und Teil des Konzepts, mit dem die Stadt zur Bundesgartenschau (BUGA) im gleichen Jahr aufwartete.

Zu den ersten Fahrgästen gehörten der damalige Bundespräsident Theodor Heuss und der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer. Pro Stunde wurden 2400 Personen befördert, damals ein Weltrekord.

Die Hin- und Rückfahrt vom linksrheinisch gelegenen Stadtteil Riehl mit Zoologischem Garten und Flora zum BUGA-Schauplatz Rheinpark vis-á-vis schlug mit 1,70 Mark zu Buche. Die Technik der Schwebebahn stammte fast komplett aus der Domstadt, und die Kölner, von denen damals nur jeder vierte ein Auto hatte, waren stolz wie Oskar. Aber dann betrat ein gewisser Gerd Lohmer, seines Zeichens Brückenarchitekt, den Plan. "Die Seilbahn verschandelt mein Bauwerk, hat der damals gesagt", weiß Juan Carlos Castro Varela (52) zu berichten. Der Diplom-Ingenieur ist Betriebsleiter der Kölner Seilbahn-Gesellschaft mbH, die seit 1998 zur Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB) gehört. Das Bauwerk war die Zoobrücke, die zwischen 1962 und 1966 fertig gestellt wurde.

Lohmer war ein vehementer Gegner der Seilbahn. Er hatte aber gegen die Kölner keine Chance: "Die sprachen sich eindeutig dafür aus." Der Rat der Stadt zog nach und beschloss im Juli 1964, vor 50 Jahren, die Wiederinbetriebnahme des schwebenden Beförderungsmittels, das im Herbst 1963 demontiert worden war. Seitdem ist Köln wieder "in der Schwebe", jeweils sieben Monate im Jahr, täglich, und bis heute unfallfrei.

"Die Seilbahn ist eine Perle Kölns, und auch darüber hinaus etwas Besonderes", schwärmt Castro Varela. Daran ändert auch die Koblenzer Seilbahn nichts, die 2011, zur damaligen Bundesgartenschau, als zweite ihrer Art in Deutschland an den Start ging: "Die Bahn in Koblenz ist ein reines Beförderungsmittel, das hier ist ein Schätzchen." Tatsächlich haben die Gondeln noch immer ihre Urform von 1957 und verbreiten so nostalgischen Charme. Und eine jede trägt zudem ein eigenes Gewand. Drei hat BAP-Chef Wolfgang Niedecken in Tiefblau, Türkis und Hellblau entsprechend den Tageszeiten, gestaltet, andere werben für "Die Sendung mit der Maus", für die Claudius Therme oder für die Kölner Polizei, die auf der Suche nach Nachwuchs ist.

Mindestens einmal pro Woche steigt Castro Varela in eine der Kabinen. "Ich muss", sagt er, sieht dabei aber nicht sonderlich betrübt aus. "Und ich darf", ergänzt Sonja Lorsy, die Kaufmännische Geschäftsführerin der Seilbahn mbH. Das finden auch ihre Kinder klasse. Die 34-Jährige ist erst seit April in Amt und Würden, kann aber gleich einen neuen Fahrgastrekord bekannt geben: die Zahl der Passagiere ist 2013 gegenüber dem Vorjahr um 7,2 Prozent auf 473 000 geklettert.

Dazu, dass die Beliebtheit der Kölner Seilbahn stetig wächst, tragen zahlreiche Sonderaktionen wie Nachtfahrten, etwa demnächst am Samstag, 21. Juni, 18 bis 1 Uhr, zum Mittsommer mit alkoholfreien Cocktails (18 bis 1 Uhr), und Mottofahrten zu Ostern, Halloween oder am Valentinstag bei.

Seit 2008 kann man sich auch in einer speziellen Hochzeitsgondel mit samtenen Polstern trauen lassen. Die Gondel fährt erst einmal hin, auf dem Rückweg, in der Mitte des Flusses, hält sie an, dann wird es ernst: "Sie haben sieben Minuten Zeit, es sich noch einmal zu überlegen." Was eine rein theoretische Option darstellt. Bis jetzt hat noch keine Braut die Flucht in Richtung Rheinpark angetreten.

Doch auch ohne diese Sahnehäubchen im Schwebezustand lohnt sich die Fahrt. Angefangen von der Ankunft im leicht dämmrigen Gondelbahnhof, in dem es brummt wie in einem Bienenkorb, und sich die bunten Kabinen im Abstand von 45 Sekunden in Bewegung setzen. Wenn sie beschleunigen, zu Anfang noch auf Schienen, ehe sie aufs Seil geführt werden, dann ruckelt und rumpelt es. Hier macht sich Erwartung breit. Und mitunter auch ein leicht mulmiges Gefühl.

Auch wenn man weiß, dass die Anlage regelmäßig gewartet, kontrolliert und erneuert wird, und bei ungünstiger Wetterlage kein Betrieb stattfinden darf. Über die Wipfel von Kastanien, Blutbuchen und Trauerweiden hinweg geht es aufwärts.

Durch die Luftlöcher in der metallenen Außenwand der im oberen Drittel verglasten Gondeln hört man den Atem des Windes und das Rauschen der Blätter. Am höchsten Punkt befindet man sich 51 Meter über dem Rhein. Es schaukelt ganz sachte, die Lagen der doppelten Seile knarzen, der Blick reicht über die Kölner Skyline hinweg bis zum Siebengebirge: "Aber Düsseldorf sieht man nicht."

Auch Lukas Podolski, Chris De Burgh oder die Kölner-Tatort-Kommissare Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär sind so schon über den Rhein geschwebt. Ebenso wie viele Touristen aus nah und fern, die mitunter nicht nur den Blick aufs Areal der Koelnmesse und den Rheinpark schätzen, sondern auch den in den FKK-Außenbereich der Claudius Therme. Obwohl man da tatsächlich mehr ahnt, als sieht.

An solchen Tagen, an denen der Himmel so strahlend blau wie in Bilderbüchern ist und das Sonnenlicht dem trägen Graubraungrün des Rheins einen flirrendgoldenen Schimmer verleiht. Und man die ganze Rückfahrt noch vor sich hat.

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