Das ist Rheinisch Kumm op de schäl Sick

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: Die schäl Sick.

 Komm auf die rechte Rheinseite!

Komm auf die rechte Rheinseite!

Foto: GA-Grafik

Es gibt Themen, von denen meint man, alles schon zu wissen. Uninteressant, abgehakt! Aber es kommt immer wieder vor, dass man Goldnuggets zu Tage fördert, wenn man etwas tiefer schürft.

In diesem Sinne knöpfen wir uns mal den Satz vor: “Kumm op de schäl Sick!” Nun ist es so, dass selbst der uninteressierteste Immi, der entrückteste Zugezogene schon mal was von der schäl Sick gehört haben sollte. Schließlich handelt es sich im Rheinland um eine wichtige geografische Angabe. Sie bezeichnet im engeren Sinne die rechte Rheinseite Kölns und im weiteren Sinne die rechte Rheinseite generell. Also liegt auch der Bonner Stadtbezirk Beuel  auf der schäl Sick.

Beleidigung des wilden Rechtsrheiners

Was ursprünglich als freundliche Beleidigung des kultivierten Linksrheiners gegenüber dem wilden Rechtsrheiner gedacht war – diese Klassifizierung stammt noch aus der Epoche der Zeitenwende vor 2000 Jahren: links die Römer, rechts die Germanen –, haben sich die gescholtenen Porzer und Beueler schnell als Orden ans Revers geheftet. Inzwischen ist man stolz darauf. Aber warum nennt man die rechte Rheinseite “schäl Sick”.

Wir machen es kurz: Man weiß es nicht so genau. Schäl oder scheel bedeutet ja “schlecht sehend”, blinzelnd, blind. Es gibt die Sprachlegende, dass der Begriff mit den Treidelkähnen auf dem Rhein zu hat, die von Pferden gezogen wurden und von der Sonne geblendet wurden, und zwar von der rechten Rheinseite her. Das ziehen Sprachwissenschaftler in Zweifel.

Althochdeutsche Wurzeln

Stattdessen, sagen sie, gehe das Wort auf Althochdeutsch scelah zurück, was so viel wie quer schief, schräg und krumm bedeutet. Und dann könnte es wieder etwas mit den Römern und Germanen zu tun haben. Denn die christliche Religion breitete sich im römischen Reich früher aus als in den germanischen Gebieten jenseits des “nassen Limes”, des Rheins.

Übrigens geht auch die Namensgebung der beiden freundlichen kölschen Witzfiguren Tünnes und Schäl darauf zurück. Nachdem das Hänneschentheater den Tünnes etabliert hatte, bekam das Theater Konkurrenz auf der anderen Rheinseite. Ein Vorfahre von Willy Millowitsch namens Franz Andreas (sic!) Millewitsch, baute dort ebenfalls eine Puppenbühne auf. Das war 1847. Aus Rache dachten sich die Hänneschens den Schäl aus, der nicht die hellste Kerze auf der Torte ist.

Tünnes und Schäl

Bis heute sind die beiden Figuren in Köln so präsent, dass die Leitstelle der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) den Namen Tünnes immer noch als Funkerkennungsnamen benutzt. Dann kann es sein, dass es im Funk heißt: “Tünnes fünf an Tünnes sieben, mir han Stau und umfahren op de schäl Sick!”. Und dann ist alles wieder gut.

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