Messerangriff in Mechernich 41-jähriges Opfer macht Täterin im Gerichtssaal einen Heiratsantrag

Bonn/Mechernich · Das Bonner Landgericht hat am Dienstag eine Frau aus Mechernich zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil sie im Dezember ihren Lebenspartner mit einem Messer lebensgefährlich verletzt haben soll. Im Gerichtssaal vergab er der Frau und machte ihr einen Heiratsantrag.

 Eine 33-jährige Frau aus Mechernich musste sich am Dienstag vor dem Schwurgericht verantworten.

Eine 33-jährige Frau aus Mechernich musste sich am Dienstag vor dem Schwurgericht verantworten.

Foto: dpa/Oliver Berg

Wortlos nahm sich das Paar nach der Urteilsverkündung im Foyer des Bonner Landgerichts in den Arm. Weil sie ihren Partner mit mehreren Messerstichen lebensgefährlich verletzt hatte, musste sich eine 33-jährige Frau aus Mechernich wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor dem Schwurgericht verantworten.

Die innige Umarmung ist bis auf Weiteres ein Happy End. Zu zweieinhalb Jahren Haft hatte der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff die Frau verurteilt. Weil der Mann seiner Partnerin verziehen hatte und der Richter zugleich den bestehenden Haftbefehl aufhob, wird die Frau und zweifache Mutter die Reststrafe wahrscheinlich im offenen Vollzug verbüßen können.

Zu der von der Verteidigung geforderten Bewährungsstrafe von zwei Jahren konnte sich das Gericht nicht entschließen: „Mitleidsentscheidungen sind nicht richtig“, stellte Reinhoff klar. Auch wenn eine große Tragik in dem Fall liege, sei das Leben des Mannes ganz konkret in Gefahr gewesen. Nach einem Streit am Abend des 13. Dezember war der Mann mit Freunden losgezogen. Als er nachts bei der Rückkehr seinen Wagen auf dem üblichen Parkplatz abstellen wollte, war dies nicht möglich, weil seine gesamten Habseligkeiten dort großflächig verteilt herumlagen. Die Sachen hatte seine Partnerin wütend aus dem Fenster geworfen, weil sie befürchtete, dass ihr Partner das Weihnachtsgeld vertrinken und verspielen könne. Zuvor hatte sie unzählige Male bei ihm angerufen und ihm auch Nachrichten auf sein Handy gesandt. Die Stimmung sei von Verzweiflung zu Wut gekippt, war das Gericht überzeugt.

Unschlüssig setzte sich der Mann nach seiner Rückkehr auf eine Bank vor der Wohnungstür. Was dann folgte, beschrieb der Richter mit knappen Worten: „Sie nimmt ein Messer, öffnet die Tür, sticht zu und schließt die Tür wieder.“ Vieles an jenem Abend muss der gebürtigen Polin wie ein Déjà-vu vorgekommen sein, denn auch ihr Ex-Mann hatte nach ihren Angaben viel getrunken und gespielt. Auch bei der Täterin spielte neben Verlust- und Zukunftsängsten der Alkohol eine Rolle: 2,4 Promille Blutalkohol wurden nach der Tat bei ihr gemessen.

Eine Premiere war, dass im Prozess die Aufnahmen der Bodycam eines der schnell herbeigerufenen Polizisten zu sehen waren. So konnten die Beteiligten dank der am Körper des Beamten angebrachten Kamera noch einmal nachvollziehen, wie der zehnjährige Sohn aus erster Ehe den Beamten nach der Tat die Türe öffnete, um dann in die Arme seiner blutüberströmten Mutter zu flüchten, die die gemeinsame zweijährige Tochter des Paares bereits eng umschlungen hielt.

Heiratsantrag und Versöhnung im Gerichtssaal

Während des Verfahrens hatte ihr Partner ihr im Zeugenstand spektakulär vergeben und gemeinsame Zukunftspläne offenbart: „Ich liebe sie und will sie, wenn sie wieder freikommt, heiraten.“ Mindestens ein Jahr wird das Paar bis dahin noch warten müssen, frühestens nach zwei Dritteln der verhängten Strafe kann die Verurteilte mit ihrer Entlassung rechnen. Die Untersuchungshaft wird davon noch in Abzug gebracht.

„Wir wünschen Ihnen dass Sie das schaffen“, gab der Richter der Täterin und dem Geschädigten mit auf den Weg.

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