Rheinische Redensarten Mach mer ke X für e U

Der General-Anzeiger stellt schöne und sinntiefe Dialekt-Redewendungen vor. Heute: Mach mer ke X für e U

 Mach mir kein X für ein U vor.

Mach mir kein X für ein U vor.

Foto: GA-Grafik

Der Rheinländer legt Wert auf Ehrlichkeit. Schließlich steht schon in der Bibel geschrieben: Du sollst nicht lügen. Und so geben die Erziehungsberechtigten im katholischen Rheinland ihrem Nachwuchs in ganz besonderer Weise mit auf den Weg, dass Lügen kurze Beine haben, also nicht weit tragen.

Eine gern genommene Redewendung in diesem Zusammenhang ist der Satz: „Mach mer ke X für e U“. Die hochdeutsche Übersetzung ist schnell gemacht, zumal die Wendung inzwischen auch Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat: Mach mir kein X für ein U vor!

Grundlagenwissen ist nötig

So weit, so unklar, denn man muss sich schon ein bisschen Grundlagenwissen draufschaffen, um zu verstehen worum es genau geht. Interessanter Weise kommen wir hier wieder in den Bereich der Spracharchäologie, denn immer wieder finden wir in heute noch gebräuchlichen sprachlichen Wendungen bemerkenswerte Überbleibsel aus alten Zeiten.

Heute bekommen wir: die Römer. Denn deren Zahlen entsprachen Buchstaben. Und so stand bei ihnen das V für 5 und das X für 10. Und weil die militanten Herrschaften aus Rom keinen Unterschied zwischen einem V und einem U machten, konnte sich die genannte Redewendung entwickeln. Denn wenn man mit zwei Zusatzstrichen aus dem V ein X macht, dann verdoppelt sich der Wert. Und wenn es etwa um Bargeld geht, dann ist das ja nicht zu verachten.

Die Warnung vor Betrug

Kein X für ein U machen ist also die Warnung davor zu betrügen. Das kann üblicherweise ganz konkret gemeint sein in dem Sinne, dass man faktisch nicht lügt.Aber wie so oft, kann man es auch im übergeordneten Sinne verstehen. Dann geht es darum, keine irreführende Bewertung vorzunehmen.

Hier kommen wir in den zwielichtigen Bereich der alternativen Fakten. Denn die Welt besteht ja nicht erst seit zweifelhaften amerikanischen Präsidenten nicht nur aus Wahrheiten, sondern aus verschiedenen Meinungen über die Wirklichkeit. Und diese können schon mal leicht auseinandergehen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Der X-für-U-Satz wird am häufigsten angewandt, um dem Zeitgenossen mitzuteilen, er solle keinen falschen Eindruck erwecken. Zum Beispiel, ob der Preis für ein Produkt nun als billig oder teuer einzustufen ist. Der gute Kaufmann kann da schon mal durch die Einbettung in eine bestimmte Geschichte Einfluss nehmen auf das Gefühl des Kunden, ob man nun ein Schnäppchen gemacht hat. Diese Technik nennt man heutzutage auch neudeutsch Framing. Und da ist höchste Vorsicht geboten. 

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