Erzbistum Köln Mehr als Gottes Lohn

KÖLN · Von so einer Bilanz können die meisten Unternehmer nur träumen: Ein Vermögen im Wert von knapp 3,4 Milliarden Euro, kaum Schulden und eine Eigenkapitalquote von rund 72 Prozent.

Doch obwohl das Erzbistum Köln am Mittwoch erstmals eine umfassende Bilanz nach kaufmännischen Regeln vorlegte, sind die Kirchenfinanzen nur bedingt mit denen einer gewöhnlichen Firma zu vergleichen. "Das Erzbistum verkauft keine Produkte und erwirtschaftet mit seinen Dienstleistungen keine Gewinne. Deshalb ist es darauf angewiesen, sich weitgehend aus Eigenkapital zu finanzieren", sagte am Mittwoch der Finanzdirektor des Erzbistums, Hermann J. Schon. Fragen und Antworten zum Geld der Kirche:

Woher stammen die Einnahmen des Erzbistums?

Den größten Anteil bilden die Kirchensteuern. 2013 zahlten die mehr als zwei Millionen Katholiken im Erzbistum Köln insgesamt 573 Millionen Euro. Eine weitere große Einnahmequelle sind Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen, das sich damit vor allem an der Bezahlung der Lehrer an den kirchlichen Schulen beteiligt. Landeszuschüsse decken nach Angaben des Erzbistums etwa 81 Prozent der Kosten für die katholischen Schulen, den Rest trägt das Erzbistum aus eigenen Mitteln.

Aber auch für die Löhne "kirchlicher Bediensteter" steuerte der Staat 2013 knapp drei Millionen Euro bei. Weitere Einnahmen des Bistums sind Mieten aus eigenen Immobilien, Spenden und Erbschaften sowie Erträge aus dem Betrieb von Tagungsstätten. Dazu kommen Einnahmen aus den Finanzanlagen des Bistums wie Zinsen oder Dividenden.

Wofür gibt das Bistum Geld aus?

Den Schwerpunkt bei den Ausgaben bildet die seelsorgerische Tätigkeit. Knapp 352 Millionen Euro flossen 2013 unter anderem in die Arbeit der Kirchengemeinden, der Kindertagesstätten, in Einrichtungen des Diözesan-Caritasverbandes und in die kirchliche Entwicklungshilfe. Zweitgrößter Posten sind die Personalausgaben.

Zum Jahresende 2013 beschäftigte das Erzbistum nach eigenen Angaben direkt 4439 Mitarbeiter, vor allem Lehrer und Lehrerinnen an den erzbischöflichen Schulen. Dazu kommen mehr als 50.000 Beschäftigte in den kirchlichen Institutionen im Erzbistum, wie katholischen Seniorenheimen und Krankenhäusern.

Erwirtschaftet das Erzbistum einen Gewinn?

Das Erzbistum sagt zwar, seine Arbeit sei nicht gewinnorientiert. Aber das Jahr 2013 schloss die Diözese mit einem Überschuss von 59 Millionen Euro ab. Finanzdirektor Schon bezeichnete das gestern als "überraschend". Mit den guten Steuereinnahmen durch die robuste Konjunktur habe das Erzbistum nicht gerechnet. Die Summe geht vollständig in die Rücklagen über.

Wie sieht der Finanzplan für dieses Jahr aus?

Mit geplanten Ausgaben von 808 Millionen Euro liegt das Budget leicht unter dem von 2013. Die Investitionen sollen in diesem Jahr bei rund 59 Millionen Euro liegen und vor allem in Grundstücke und Gebäude fließen.

Wie groß ist das Vermögen?

Für 2013 beziffert das Erzbistum sein Vermögen auf 3,350 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der reichste Mann der Welt, Bill Gates, soll über ein Vermögen von umgerechnet 67 Milliarden Euro verfügen. Der Unternehmenswert der Lufthansa gemessen an der Marktkapitalisierung liegt bei 6,3 Milliarden Euro.

Woraus besteht das Vermögen?

Den Hauptteil des Kirchenvermögens machen mit einem Wert von 2,4 Milliarden Euro Finanzanlagen aus, darunter vor allem festverzinsliche Wertpapiere und Rentenfonds (siehe Grafik). Dazu kommen Aktien- und Immobilienfonds. Auf dem zweiten Platz stehen mit einem Wert von 646 Millionen Euro Sachanlagen, dazu zählen vor allem Gebäude und Grundstücke, aber auch technische Anlagen und Fahrzeuge. Dazu kommt ein sogenanntes Umlaufvermögen, sozusagen die verfügbare Kase des Bistums mit Geld auf Konten.

Wofür braucht die Kirche ein so großes Vermögen?

Das Bistum verweist auf seine laufenden Aufgaben, von denen, wie Generalvikar Stefan Heße sagte, auch viele Nicht-Katholiken etwa über Kindergärten und Krankenhäuser profitierten. Vor allem will sich die Kirche aber für zukünftige Aufgaben wappnen. Sie bildet Rücklagen nicht nur für Pensionen, sondern auch für die Instandhaltung der Kirchen, künftige Neubauten und Schwankungen bei den Kirchensteuereinnahmen.

"Die Zahl der Katholiken in Deutschland und im Erzbistum Köln nimmt kontinuierlich ab", heißt es warnend im Finanzbericht. Dabei spiele die alternde Bevölkerung eine wichtigere Rolle als die Zahl der Kirchenaustritte. Weiter: "Durch eine vorsichtige Finanzpolitik und vor allem eine frühzeitige Reaktion auf Einnahmeminderungen wurde eine solide Eigenkapitalbasis geschaffen". Im Klartext: Das Erzbistum hat sich gesund gespart.

Wie steht es mit den Finanzen der Kirchengemeinden?

Die Finanzen der rund 530 rechtlich selbstständigen Kirchengemeinden im Erzbistum wurden vorerst von der Veröffentlichung ausgenommen. Das Erzbistum verweist darauf, dass die Gemeinden selbst über eine Veröffentlichung entscheiden müssten. Gleichzeitig will sie die örtlichen Kirchen jedoch bei der Erstellung vergleichbarer Finanzberichte unterstützen.

Bisher wird in der Regel in den Gemeinden ein Zahlenwerk ausgelegt, das von Laien jedoch kaum nachvollziehbar ist. Dazu kommen nach Angaben aus einzelnen Gemeinden in der Region Probleme mit dem Computerprogramm, das die Rechnungslegung vereinheitlichen soll. "Das Interesse der Gemeindemitglieder an den Finanzen ist jedoch größer geworden", sagte Reinhold Malcherek, leitender Pfarrer der Pfarrgemeinschaft Meckenheim.

"Wir sind daher grundsätzlich bereit, die Finanzen auch offenzulegen, brauchen dafür aber die fachliche Unterstützung des Erzbistums." In Köln wollte man sich gestern noch nicht auf einen Zeitplan für die Offenlegung der Gemeindefinanzen festlegen. Lediglich "innerhalb dieses Jahrzehnts" siedelt Finanzdirektor Schon diesen Schritt an.

Wie ist das Erzbistum rechtlich organisiert?

Das Erzbistum besteht aus einer Vielzahl eigentlich unabhängiger Körperschaften, was eine einheitliche Bilanzierung erschwert. Viele organisatorische Strukturen sind aus jahrhundertealten kirchlichen Traditionen entstanden. Dazu gehört die Aufteilung in das Erzbistum und den sogenannten Erzbischöflichen Stuhl. Letzterer ist eine Körperschaft, die in der Regel direkt dem jeweiligen Erzbischof zugeordnet ist.

Sie umfasst seine Person und die Verwaltung. In Köln wird das Vermögen des Erzbischöflichen Stuhls gemeinsam mit dem des Erzbistums verwaltet und auch in der Bilanz aufgeführt. Andere Bistümer haben andere Regelungen. Auch der Kölner Dom ist in eine eigene Gesellschaft ausgegliedert (siehe Artikel unten). Außerdem zählen zum Erzbistum das Priesterseminar, eine Ausbildungsstätte für angehende Priester und verschiedene kirchliche Stiftungen, die ihr Geld meist nur zweckgebunden einsetzen dürfen.

Nach welchen Regeln hat das Erzbistum bilanziert?

Das Erzbistum Köln hat sich für 2013 erstmals den auch für Unternehmen geltenden Regeln des Handelsgesetzbuches (HGB) unterworfen und den Abschluss auch offiziell testieren lassen. Allerdings gilt das nicht für alle Körperschaften, die dem Bistum zugerechnet werden. Die Bilanz des Kölner Doms etwa erfolgte nicht nach HGB, ebenso wenig die des Priesterseminars.

Noch ist eine Bilanzierung nach kaufmännischen Regeln unter den deutschen Bistümern keineswegs Standard. Laut Erzbistum streben einige Bistümer derzeit eine Bilanzierung nach dem Standard an, brauchten dafür jedoch noch einige Zeit. Aber auch Bilanzierungen nach eigenen Regeln seien durchaus üblich.

Der Kölner Dom ist auf dem Papier 27 Euro wert

Er ist das Wahrzeichen der Stadt und eine der bekanntesten gotischen Kirchen der Welt - doch ein wirtschaftliches Schmuckstück ist der Kölner Dom für das Erzbistum nicht. Mit gerade einmal 27 Euro ist das Gotteshaus in der Bilanz bewertet - ein Euro für jede der 26 Grundstücksparzellen, auf denen er steht, und ein Euro für das 157 Meter hohe Gebäude.

Der Grund: "Wir können ihn nicht verkaufen, und wir wollen ihn nicht verkaufen", sagte Dompropst Norbert Feldhoff. Offiziell besitzt das Erzbistum seine imposanteste Kirche nicht einmal. Der Dom gehört einer eigenständigen Körperschaft des öffentlichen Rechts namens "Hohe Domkirche" - und damit de facto sich selbst. Weil er jedoch untrennbar mit dem Erzbistum verbunden werde, habe man ihn in der Bilanz berücksichtigt, sagte Generalvikar Stefan Heße gestern.

Der Dom verfügt laut Feldhoff über drei getrennte Haushalte mit insgesamt 13,8 Millionen Euro im Jahr 2013. Den laufenden Betrieb sichert mit rund fünf Millionen Euro die "Domkirchenfabrik". Die Bezeichnung Fabrik steht in der katholischen Kirche für Haushaltstitel zur Instandhaltung von Kirchengebäuden. 1,5 Millionen Euro erwirtschaftet der Dom jedes Jahr selber etwa durch Führungen und Turmbesteigungen. Dazu kommen unter anderem 1,3 Millionen Euro Spenden. Aus diesem Geld werden Küster, Domschweizer und Musiker bezahlt.

Für Erhaltung und Weiterbau lagen 2013 rund 6,8 Millionen Euro in der Dombaukasse bereit, die sich über den Zentral-Dombau-Verein unter anderem aus Einnahmen der Lotterie "Spiel 77" finanziert. Die Dombaukasse zahlt die Gehälter der rund 90 Mitarbeiter der Dombauhütte, die das Gebäude ständig renoviert und vervollständigt. Die dritte Kasse gehört dem sogenannten Metropolitankapitel, einem Gremium, das den Erzbischof berät und für die "würdige Gestaltung der Domgottesdienste" verantwortlich ist.

Der Dom ist außerdem vermögend: Die Rücklagen summieren sich auf 9,6 Millionen Euro, davon knapp zwei Drittel in Wertpapieranlagen. Kein Wunder, dass eine Bewertung der Domschätze ausblieb: "Ein Verkauf ist schon kirchenrechtlich völlig ausgeschlossen", so Feldhoff.

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