Das ist Rheinisch Mer süht sisch emme zweimohl

Rheinisch · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: Mer süht sisch emme zweimohl!

 Man sieht sich immer zweimal!

Man sieht sich immer zweimal!

Foto: GA-Grafik

Der Rheinländer ist ein Gerechtigkeitsfanatiker. Und natürlich ein Philosoph. Beide Eigenschaften kreuzen sich in einer Redensart, die durchaus auch über die engere geografische Lage zwischen Düsseldorf und Koblenz hinaus verstanden wird. Sie lautet: „Mer süht sisch emme zweimohl“. Zu gut Hochdeutsch: Man sieht sich immer zweimal! Wer es genauer braucht, der hängt vielleicht noch ein „im Levve“, also „im Leben“ an.

Um sich der Kernbotschaft adäquat zu nähern, muss man ein bisschen ausholen. Denn hier ist eine höhere Bedeutungsebene zu erklimmen, für die man einen längeren Anlauf braucht. Gehen wir einmal davon aus, dass der Rheinländer einen ziemlich klar skalierten Kompass besitzt, was die Frage nach Gut und Böse, erwünscht und unerwünscht, zulässig und unzulässig betrifft. Dazwischen gibt es für ihn kaum eine Grauzone. Und nehmen wir einmal an, er gerät in seinem Alltag an einen Menschen, der die Gut-Böse-Zuordnung nicht im gleichen Maße teilt.

Eine Frage der Gerechtigkeit

Derjenige sieht irgendetwas anders, verhält sich rüpelhaft oder egoistisch, mit einem Wort: Er passt sich in seinem ganzen Auftreten nicht in das Weltbild des Rheinländers ein. Dann, ja dann fühlt sich der Rheinländer in der Defensive. Er hat im Folgenden mehrere Möglichkeiten. Er kann auf seinen katholischen Glauben vertrauen und auf die himmlische Gerechtigkeit. Die Guten kommen in den Himmel, und die Schlechten… na ja, zuerst einmal ins Fegefeuer und wenn’s ganz hart kommt in die ewige Verdammnis der Hölle. Aber das ist vielleicht schon zu weit gedacht. Denn es gibt noch eine weniger explizite Variante. Nämlich: Man sieht sich immer zweimal. Und bei zweiten Mal, so will der Satz zwischen den Zeilen ausdrücken, könnte sich das Blatt gewendet haben.

Auftrumpfend oder unterlegen

Ist das Gegenüber beim ersten Mal vielleicht noch auftrumpfend und anmaßend, arrogant und unnahbar aufgetreten, könnte es beim zweiten Treffen vielleicht auf Mithilfe und Unterstützung des anderen angewiesen sein. Derjenige müsste aus einer unterlegenen Position in den Dialog gehen. Das könnte eine gewisse Genugtuung für den zuvor Gedemütigten bedeuten. Damit wäre die Gerechtigkeit wiederhergestellt. Und es wäre alles in bester Ordnung.

Wenn man es sich ganz einfach machen möchte, kann man aber auch übersetzen mit: Die Rache ist mein!

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