Jagdschloss Falkenlust in Brühl Mineralien und Kristalle im Überfluss

BRÜHL · "Wisst ihr, was das Wort 'reihern' bedeutet?", fragte Susanne Schreinemacher (23), Studentin der Kunstgeschichte, die gut 15 Mädchen und Jungen, die zusammen mit ihren Eltern am Wochenende das Jagdschloss Falkenlust erkundeten und dabei viel über die Zeit des Kurfürsten Clemens August (1700 bis 1761) erfuhren. "Klar", lautete die prompte Antwort. Doch wovon sich genau die Bezeichnung ableitet, musste Schreinemacher erklären.

 Kleinod: Zwischen 1729 und 1737 wurde Schloss Falkenlust erbaut.

Kleinod: Zwischen 1729 und 1737 wurde Schloss Falkenlust erbaut.

Foto: Wolfgang Henry

So wurden die Falken auf Reiher abgerichtet, die auf ihrem Weg vom Altrheingebiet bei Wesseling zu ihren heimatlichen Horsten im Brühler Schlosspark über das Schloss flogen. Da sich die mit Fischen voll gefressenen Reiher nur schlecht gegen die angreifenden Falken wehren konnten, würgten sie die Nahrung kurzerhand wieder aus, um schneller und beweglicher zu sein. Wurde ein Reiher trotzdem von einem Falken erwischt, wurde er nicht getötet, sondern erhielt einen Ring mit den Initialen des Falkners. Kein Wunder also, dass die Wahl des Bauplatzes für das zwischen 1729 und 1737 nach den Plänen des kurbayerischen Hofbaumeisters François de Cuvilliés erbauten Jagdschlosses durch die Flugbahn der Reiher, den bevorzugten Beutevögeln der Falkenjagd, bestimmt wurde. Passend zu dem Thema durfte Hannah Ziob (8) eine blau-silberne Uniform, die seinerzeit zur Falkenjagd getragen wurde, anprobieren. "Der Anzug war ganz schön alt, eng, kratzig und steif", meinte sie.

Anschaulich aufbereitet, war die rund anderthalbstündige Führung "Rokoko für Kinder - Wir entdecken das Schloss" auch für Erwachsene spannend. In Filzpantoffeln, die dabei helfen sollen, den Fußboden zu schonen, machten sich die Teilnehmer ein Bild vom Unteren Salon, dem Speisezimmer und dem Chinesischen Lackkabinett von Falkenlust, das 1984 gemeinsam mit Schloss Augustusburg in die Liste des Weltkulturerbes der Unesco aufgenommen wurde. Fasziniert waren die Mädchen und Jungen von der Tatsache, dass Kinder bis zum Alter von sieben Jahren, unabhängig von ihrem Geschlecht, Kleider und Röcke trugen. Erst danach durften die Jungen Hosen anziehen und mit auf die Jagd gehen.

Für die Mädchen gab es mit sieben Jahren das erste Korsett. Unter den Röcken der Kinder waren sogenannte Gängelbänder befestigt, die es den Ammen ermöglichten, den Nachwuchs zu "lenken". Interessant war zudem die Geheimsprache der Damen. Per Fächer signalisierten sie, ob sie mit jemanden sprechen wollten. So galt ein ans Herz gedrückter Fächer als Liebeserklärung, und anhand der abgezählten Rippen des Fächers wusste das Gegenüber, wann ein Treffen stattfinden soll. Darüber hinaus besichtigte die Gruppe die ab 1730 im Stil einer Eremitengrotte erbaute Kapelle im Park, die über eine kleine Sakristei verfügt und 1740 eingeweiht wurde. Ausgestattet wurde sie von Peter Laporterie mit Muscheln, Mineralien und Kristallen.

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