Schiffe laufen auf den Grund Niedrigwasser des Rheins nähert sich Rekord

Köln/Bonn · Der immer tiefer sinkende Wasserstand der Flüsse ärgert die Binnenschiffer. Eine Rheinfähre hat bereits den Betrieb einstellt, die Fähre in Düsseldorf hat Probleme. Zugleich kommen alte Sprengkörper zum Vorschein.

 Das sinkende Niedrigwasser des Rheins nähert sich Rekordwerten.

Das sinkende Niedrigwasser des Rheins nähert sich Rekordwerten.

Foto: dpa

Schiffe können weniger laden, neue Kiesbänke und Relikte aus dem Weltkrieg tauchen auf: Das sinkende Niedrigwasser des Rheins nähert sich Rekordwerten. Der Pegelstand in Kaub nahe der Loreley fiel am Montag auf 59 Zentimeter. Bei andauernder Trockenheit könnte hier noch vor Monatsende der Jahrhundertrekord von 35 Zentimetern im Hitzejahr 2003 unterboten werden, teilte das Wasser- und Schifffahrtsamt Bingen mit.

Viel Regen ist nicht in Sicht: Laut dem Deutschen Wetterdienst könnte sich der November als zehnter Monat in Folge im Jahresvergleich als zu trocken präsentieren. Auch die Elbe und besonders die Donau führten sehr wenig Wasser. „Südlich von Köln können Schiffe auf dem Rhein nicht mehr voll laden“, sagt Fabian Spieß vom Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg.

Im Rheinischen Schiefergebirge mit weniger Flusstiefe seien oft sogar nur noch 30 bis 40 Prozent Ladung möglich. Mit dem sogenannten Kleinwasserzuschlag glichen Kunden die Zusatzkosten häufig aus, wenn die Fracht auf mehr Schiffe verteilt werden müsse. Es gebe aber auch wirtschaftliche Einbußen für die Schiffer. Binnenhäfen macht das Niedrigwasser ebenfalls zu schaffen, etwa in Frankfurt. „Beim Main ist es mit seinen Staustufen nicht schlimm, aber die Schiffe, die vom Rhein zu uns kommen, haben viel weniger Ladung“, erklärt eine Hafensprecherin. Nun würden zusätzliche Schiffe eingesetzt und Container auch mit Lastwagen und Güterzügen befördert.

Das Niedrigwasser wirkt sich zudem auf den Autoverkehr aus: Die Rheinfähre zwischen dem hessischen Lorch und dem rheinland-pfälzischen Niederheimbach hat ihren Betrieb eingestellt. Des einen Leid, des anderen Freud': „Je nach Wetter haben wir hier schon einen kleinen Niedrigwasser-Tourismus“, sagt der Vizechef des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen, Florian Krekel. „Es gibt Stellen, wo man gut auf dem Flussgrund laufen kann. Zum Beispiel auf dem Nahegrund bei Bingen oder auf dem Jungferngrund bei Oberwesel.“ Mitunter kommen nun alte Gefahren zum Vorschein: Am Montag etwa hat ein Spaziergänger bei Mainz eine Stielgranate aus dem Zweiten Weltkrieg im Rhein entdeckt. Drei Tage zuvor war bei Oberwinter eine Wurfgranate aus dem Zweiten Weltkrieg in dem Fluss gefunden worden. „Es ist nicht so, dass bei dem extremen Niedrigwasser 2003 schon alle Kampfmittel entdeckt worden wären“, sagt der Technische Leiter des Kampfmittelräumdienstes Rheinland-Pfalz, Horst Lenz. „Selbst schwere Gegenstände werden mit dem Geschiebe immer weiter transportiert.“

Mehrere Bundesländer dringen derweil auf eine Vertiefung der Fahrrinne zwischen Mainz und St. Goar um 20 Zentimeter auf 2,10 Meter sowie zwischen Koblenz und Duisburg um 30 Zentimeter auf 2,80 Meter. Rheinland-Pfalz hat dies für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet. „Unsere Wasserstraßen weisen im Vergleich zu Lkw und Bahn die beste Ökobilanz auf und könnten zukünftig mehr Transportaufgaben übernehmen“, betont der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD). Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält nichts von einer Vertiefung des Mittelrheins. Sprengungen im felsigen Flussbett würden beispielsweise unzählige Fische und Krebse töten, sagt der rheinland-pfälzische BUND-Chef Holger Schindler. Vor allem aber geriete das ökologische Gleichgewicht aus den Fugen. „Bei einer Fahrrinnenvertiefung kann auch der Grundwasserspiegel im Uferbereich sinken. Da hängt ein ganzer Rattenschwanz von Biotopen dran.“

Eine Rheinvertiefung käme wohl erst in den nächsten Jahren - aber wie sieht es mit Regen in den nächsten Tagen aus? Bis Anfang kommender Woche mache sich dieser in Süddeutschland wohl eher rar, sagt Andreas Würtz vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. „Der Grund ist ein ausgedehntes Hoch über Südeuropa.“ In Norddeutschland könne es nun zwar immer wieder mal regnen, doch davon haben die Flüsse im Süden nichts. Sollte es dort bald winterlich kalt werden, wären Niederschläge als Schnee gebunden: Auch dann sänke das Niedrigwasser weiter.

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