Es geht um die Wendung: „Op Rähn kütt Sonnesching”. Das ist keineswegs schwierig zu übersetzen. Es heißt: Jedem Regen folgt der Sonnenschein. Das klingt zunächst einmal wie eine Wettervorhersage, die ja in Zeiten des Klimawandels eine dramatische Note bekommen hat.

Aber tatsächlich wechseln in unserer Wahrnehmung stets die Wetterlagen Sonne und Regen einander ab. Wir erinnern uns an die Schwarzwalduhren, wo je nach Luftdruck das sonnenverliebte Schwarzwaldmädel vor die Türe tritt, oder der schwarz-weiß livrierte Herr mit Hut und Regenschirm. Es scheint ein unausweichliches duales System zu sein. Entweder so, oder so.

Unsere Redensart will aber mehr sagen. Sie hat, wie wir so gerne formulieren, eine Metaebene, einen höheren Sinn. Denn auch bei den Emotionen der Menschen ist stetiger Wechsel angesagt. Auf Phasen der Trauer folgen Abschnitte der Freude und Ausgelassenheit. Darauf kann man sich in der überwiegenden Zahl der Fälle verlassen. Wir lassen hier einmal den Sektor der schweren Schicksale aus.

Wenn das aber immer so ist, warum muss es dafür eine Redensart geben? Das ist hier die große Frage. Die Antwort ist nicht kompliziert. Weil man, wenn man in einer Phase der überwältigenden Trauer steckt, kein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen vermag. Alles ist dunkel und matt, manchmal pechschwarz.

Da braucht man jemanden, der einem Mut zuspricht. Der sagt: Heute mag alles in der Welt in dunklen Grautönen erscheinen, bald wird dein Leben wieder farbenfroh sein. Es gibt die professionellen Mutspender wie Seelsorger und Psychologen. Meist hilft aber schon das Gespräch mit einer vertrauten Person, die einfach zuhört und Verständnis zeigt. Die sagt: halte durch, es wird bald besser, nach jedem Regen kommt wieder Sonnenschein, und dann ist Dein Leiden vorbei. Es ist wichtig, dass man sich das immer vor Augen hält.

Weitere Kolumnen sind in dem Buch “Rheinisch für Fortgeschrittene” erschienen, Edition Lempertz. Haben Sie auch eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns an: rheinisch@ga.de