Prozess nach Attacke mit Baseballschläger Polizisten-Angreifer aus Euskirchen muss in die Klinik

Bonn/Euskirchen · Der 41 Jahre alter Mann, der in Euskirchen zwei Polizeibeamte mit einem Baseballschläger aus Metall attackiert hatte, muss nichts ins Gefängnis, sondern in eine psychiatrische Klinik. Aus Sicht der Bonner Richter war er während des Angriffs unzurechnungsfähig.

 Vor dem Bonner Landgericht musste sich der 41 Jahre alte Polizistenangreifer verantworten.

Vor dem Bonner Landgericht musste sich der 41 Jahre alte Polizistenangreifer verantworten.

Foto: DPA

Für die Bonner Richter stand am Ende des Prozesses fest: Dieser Mann, der mit einem Baseballschläger aus Metall auf Polizeibeamte losgegangen war und einen Streifenwagen zertrümmert hatte, hätte vor Jahren bereits in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden müssen, hieß es jetzt im Urteil der 1. Großen Strafkammer. Entsprechend hätte es die dramatische Szene am 10. November 2017 auf einer Straße in Euskirchen nicht geben müssen. Eine Begegnung, die fast tödlich geendet wäre und drei Polizeibeamte in höchste Not gebracht hatte: Nur durch drei Schüsse in Arm und Beine konnte der Angreifer gestoppt und festgenommen werden.

Die Bonner Richter haben die Unterbringung für den 41-Jährigen jetzt nachgeholt und endgültig seinen Verbleib in einer psychiatrischen Klinik angeordnet. Vom Vorwurf des Widerstands gegen Polizeibeamte sowie der gefährlichen Körperverletzung wurde er hingegen freigesprochen, da er zur Tatzeit schuldunfähig gewesen sei.

Wegen seiner massiven Persönlichkeitsstörung, unter der er seit Jahren leide, gehe von dem Angeklagten eine große Gefahr für die Allgemeinheit aus, so Kammervorsitzender Jens Rausch. Eine Unterbringung sei deswegen zwingend notwendig. Der 41-Jährige brauche dringend ein professionelles Umfeld und geordnete Lebensverhältnisse.

„Mein Vater hat nur gesoffen und wir acht Kinder haben die Prügel bekommen, Tag für Tag, auch die Mutter“, hatte der 41-Jährige gleich zu Beginn erzählt. Irgendwann habe er sich gegen die Misshandlungen gewehrt. Dafür wurde er vom Vater in heiße Asche geworfen und verbrannte sich die Hüfte. Später versuchte er den Vater mit Elektroschocker in Schach zu halten, mit 18 Jahren haute er ab, dann lebte auf der Straße; später bei einem Betreuer in Blankenheim. Aber aus dieser Kindheit ist der schlicht strukturierte Mann nicht mehr heil herausgekommen.

Immer wenn der Angeklagte mit einer Situation nicht klar kam, sei er ausgerastet, so Rausch weiter. Und habe andere gefährdet. Sechsmal bereits wurde er einschlägig verurteilt. Zuletzt – als er seine Wohnung mit Hilfe einer Gasflasche sprengen wollte – kam es sogar zum SEK-Einsatz. Selbst sein Betreuer habe Angst vor seinen Zornesausbrüchen.

Am Tattag wollte er die Wohnung seiner ehemaligen Freundin „kurz und klein schlagen“, weil sie ihn angeblich wie eine Weihnachtsgans ausgenommen hat. Aus dem Büro seines Betreuers holte er sich den Baseballschläger und zwang den 72-Jährigen ihn nach Euskirchen zu fahren. Sonst würde er auch „seine Bude mal aufräumen.“

Während der Fahrt schließlich rief der 41-Jährige die Polizei an und kündigte seine Racheaktion an. Die Leitstelle war alarmiert und setzte gleich zwei Streifenwagen in Bewegung. Schließlich kam es zum Showdown, nachdem der schwarze Mercedes von der Polizei gestoppt und der Angeklagte sogleich mit erhobenen Baseballschläger auf die Beamten losgegangen war.

Auch für das Leben der drei Polizisten, die in Notwehr geschossen haben, hat der Vorfall gravierende Folgen. Laut Urteil leiden sie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Der 46-jährige Hauptschütze ist bis heute dienstunfähig; zwei weitere Beamte werden psychologisch betreut, sie leiden an Albträumen und Schlafstörungen.

Das Urteil der Bonner Kammer ist bereits rechtskräftig.

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