Prozess gegen Reemtsma-Entführer Drach Verteidiger des Mitangeklagten stellt Befangenheitsantrag gegen den Richter

Köln · Scharfe Kritik am Gericht und Polizisten mit Erinnerungslücken: Am vierten Prozesstag gegen Thomas Drach wegen mehrerer bewaffneter Geldtransporter-Überfälle ging es erneut um die Ereignisse rund um die Ikea-Filiale in Köln-Godorf.

 Thomas Drach beim vierten Prozesstag vor dem Kölner Landgericht.

Thomas Drach beim vierten Prozesstag vor dem Kölner Landgericht.

Foto: dpa/Oliver Berg

Im Kölner Strafprozess gegen den früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach wegen vier Überfällen auf Geldtransporter hat auch am vierten Tag des Verfahrens der Verteidiger des mitangeklagten mutmaßlichen Komplizen das Geschehen dominiert. Anwalt Wolfgang Heer stellte am Freitag einen Befangenheitsantrag gegen das Schwurgericht unter dem Vorsitz von Jörg Michael Bern. Drachs Anwalt Andreas Kerkhof schloss sich dem Antrag nicht an.

Das Gericht, insbesondere der Vorsitzende, hätten „verdeutlicht, dass sie gegenüber unserem Mandanten nicht objektiv“ seien, sagte Heer. Er sieht den „Anschein von Willkür“ und warf Bern vor, seinem Mandanten „Steine in den Weg“ zu legen. Unter anderem habe sich der Richter nicht ausreichend dafür eingesetzt, dass die Staatsanwaltschaft der Verteidigung fehlende Aktenteile und Videos zur Verfügung stellt. Mehrere Anträge auf Prozessunterbrechung habe er abgelehnt. Dies zeige eine „gleichgültige Haltung bezüglich umfassender Aktenkenntnis der Verteidigung“, so Heer. „Eine effektive Verteidigung meines Mandanten ist so nicht möglich“. Heer wurde als Rechtsbeistand von Beate Zschäpe im NSU-Prozess bekannt.

Polizisten berichten über Einsatz am verbrannten Fluchtfahrzeug in Köln-Immendorf

Dem 61-jährigen Drach, der 1996 den Hamburger Millionär Jan Philipp Reemtsma entführte und dafür fast 15 Jahre Haft bekam, wird nun unter anderem versuchter Mord und schwerer Raub vorgeworfen. Der 52-jährige Mitangeklagte soll in unterschiedlichen Ausprägungen an den Taten beteiligt gewesen sein. Bei zwei der Überfälle soll Drach jeweils auf den Geldboten geschossen und diesen schwer verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft sieht Sicherungsverwahrung für Drach als notwendig an, die Verteidiger wollen Freispruch. Beide Angeklagten bestreiten die Taten und wollen sich nicht zur Sache äußern.

Am Freitag ging es in dem schwer gesicherten Kölner Landgericht erneut um den Überfall auf einen Geldtransporter auf dem Parkplatz der Ikea-Filiale Köln-Godorf im März 2018. Vier Streifenpolizisten und ein Kriminalbeamter berichteten über ihren Einsatz rund um das mutmaßliche Fluchtfahrzeug, das die Täter in Köln-Immendorf - unweit der Ikea-Filiale - neben einem Feldweg in Brand gesteckt hatten. Die Erinnerungen der Beamten an den Einsatz sind allerdings zum Teil lückenhaft. Am kommenden Dienstag soll der Prozess fortgesetzt werden.

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