Das ist Rheinisch Dat sin de zwöllef Nääch!

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man zum rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei ist eine rheinische Redensart. Heute: Zwöllef Nääch!

Halve Hahn und zwöllef Nääch

Halve Hahn und zwöllef Nääch

Foto: GA-Grafik

Die Zeit zwischen den Jahren hat eine ganz besondere Atmosphäre. Das zelebriert manch einer, wenn er sich in dieser Phase mit Keksen vor den Fernseher gesetzt und die Zeit verstreichen lässt.

Es ist ja nicht nur so, dass die Schulkinder in der Regel von Heiligabend bis zum Dreikönigstag Weihnachtsferien haben. Nein, über diesen Tagen liegt generell eine seltsame Gliederschwere. Wer nicht unbedingt arbeiten muss, ist zu Hause. Die Tage bieten sich an zum Innehalten, Nachdenken und Resümieren. Tatsächlich hat dieser Angang eine längere Tradition, der sich etwa in dem rheinischen Satz ausdrückt: „Dat sin de zwöllef Nääch!“ Zu gut Hochdeutsch: Das sind die zwölf Nächte. Denn die Zeit zwischen Heiligabend und Dreikönigstag gilt seit jeher als Übergangszeit zwischen dem alten und neuen Jahr.

Anklang an das Mondjahr

Dass es ausgerechnet diese zwölf Tage sind, hat mit dem Mondkalender zu tun. Denn das Mondjahr – das schon die alten Germanen kannten – hatte nur 354 Tage. Die zwölf Nächte dazwischen waren damit keinem der beiden Jahre zugeordnet. So erhielten sie den Kurznamen „die Zwölften“, sind aber auch als Raunächte bekannt.

Der alte Volksglaube ging davon aus, dass in dieser Zeit böse Dämonen wild durch die Luft jagen und den Menschen Schaden zufügen wollen. Es gibt auch eine psychologische Bedeutung, wie sie Volkskundler Alois Döring in seinem Buch „Rheinische Bräuche durch das Jahr“ beschreibt: „In der bäuerlichen Gesellschaft herrschte zwischen Heiligabend und Dreikönigstag eine absolut arbeitsfreie Zeit.

Periode des Nichttuns

Diese Periode des Übergangs, des Nichtstuns und der Feiern zu Ehren eines oder mehrerer Götter trug deutlich psychohygienische Funktion: Neues soll erst in Angriff genommen werden, wenn das Alte abgeschlossen ist. Zwischen Beendigung und Neubeginn muss eine Zeit des Dankes, des Überdenkens und der Sammlung neuer körperlicher und auch spiritueller Kraft liegen.“

In dieser Zeit wurden in den bäuerlichen Häusern Kräuter verbrannt, um die Räume von bösen Geistern zu reinigen. Gerne genutzt wurde früher auch das sogenannte Zwiebelorakel. Da wurde eine Zwiebel mit ihren zwölf Schichten, die die zwölf Monate des Jahres repräsentierten, geteilt und mit Salz bestreut. Wo sich am nächsten Morgen viel Wasser eingelagert hat, in jenem Monat drohe auch viel Regen. Die Wissenschaft konnte diese Orakelkraft allerdings nicht bestätigen.

Weitere Kolumnen sind in dem Buch “Rheinisch für Fortgeschrittene” erschienen, Edition Lempertz. Haben Sie auch eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns an: rheinisch@ga.de

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