Das ist Rheinisch Schmieß ding erbärmlische Nüssele do rin

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal: Nüssele.

 Wirf deine letzten Groschen da rein!

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Foto: GA-Grafik

Die Welt von heute dreht sich schneller und schneller. Digitalisierung ist das Zauberwort. Wer mitmacht, hat täglich mehr Kanäle zu bedienen. Wir zählen sie im Einzelnen nicht auf, wir wollen ja schließlich keine Schleichwerbung machen. Eine bekannte Wochenzeitung hatte zuletzt das Thema Hamsterrad und Erschöpfung als Aufmachertitel. Es geht um das Joch der Moderne, und die Unfähigkeit der menschlichen Wesenheit, sich dauerhaft darauf einstellen zu können.

Hamsterrad und Musikbox

Der Kölner Mundartbewahrer Wolfgang Niedecken, der seine Karriere ja bekanntlich schulisch in Rheinbach und bandmäßig in Hersel begann, hat vom Phänomen des Hamsterrades schon früh geschrieben – auf der Platte „Vun drinne noh drusse“ in dem Lied „Koot vöör Aach“.

Der Text war zwar auf ihn und seine spezielle Situation als plötzlich im Rampenlicht stehender Künstler gemünzt, aber er war schon damals gut übertragbar auf allgemeingesellschaftliche Entwicklungen. Wir fassen das mal in dem rheinischen Satz zusammen: „Schmieß ding erbärmlische Nüssele do rin!“ Inhaltlich geht es um die Situation jeden Abend um kurz vor acht Uhr raus auf die Bühne zu müssen und ein Programm abzuspulen, dessen Sinn sich mit jeder Wiederholung ein bisschen mehr verflüchtigt. Und er vergleicht den Vorgang mit einer Maschine, die wie eine Art Musikbox laut automatisiert losplärrt, wenn jemand dort hinein „sing erbärmliche Nüssele schmieß“.

Viele Kleinigkeiten

Aber was sind eigentlich Nüssele? Ein Blick in den rheinischen Sprachgebrauch zeigt: Nüssele kann viele Bedeutungsnuancen haben. Es deckt ein Spektrum ab, das Wertloses und Kleinigkeiten bezeichnet. Auch Essensreste können damit gemeint sein. Irgendetwas, das man übrig hat, mit dem man eigentlich nicht viel anfangen kann. So spricht man gelegentlich von Apfelnüssel, also dem Rest eines Apfels, dem Gehäuse. Wenn jemand nüsselich ist, dann ist er kleinlich.

Der Begriff ist im Rheinland bis hinein ins Ruhrgebiet bekannt und gilt als eine Variante von Osel und usselich. Und an dieser Stelle stockt die Herkunftsforschung. Man weiß nicht genau, wie sich das Wort gebildet hat. Es könnte sein, dass es eine Ableitung von „unselig“ ist.

Zurück zu unserem Lied von Bap, ist allerdings ganz klar das Kleingeld gemeint. Ein paar Pfennige – oder heute Cent -, die man von irgendeinem Einkauf noch in der Tasche hat und mit denen man die Musikbox in der Kneipe (gibt es die heute eigentlich noch außer im Haus der Geschichte?) anwirft, um einen Automatismus auszulösen, der den gewünschten Musiktitel abspielt. So wollte der Bap-Sänger nicht funktionieren, und so will wahrscheinlich niemand in seinem Alltag funktionieren. Insofern hat der Text bleibende Aktualität.

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