Nach Leck in Godorf Shell will Sanierung fünf Jahre früher abschließen

Köln-Godorf · 300.000 Liter Gasöl flossen über ein unerkanntes Loch in einer Leitung in Köln-Godorf in die Erde. Bei der Beseitigung kommt Shell kaum voran. Dafür wird die Sanierung der Leitungen deutlich früher fertig als geplant.

 Die Einfahrt zur Shell-Raffinerie in Köln-Godorf, wo das Unternehmen gerade alle Leitungen an die Oberfläche verlegt.

Die Einfahrt zur Shell-Raffinerie in Köln-Godorf, wo das Unternehmen gerade alle Leitungen an die Oberfläche verlegt.

Foto: dpa/Oliver Berg

Shell hat seine Hausaufgaben gemacht. Die Sanierung, die das Unternehmen nach der Entdeckung eines Lecks im Godorfer Werksteil im April 2020 begann, schreitet voran. Schneller sogar als zunächst geplant: Wie Shell am Mittwochabend in einer virtuellen Pressekonferenz bekannt gab, wird die Sanierung voraussichtlich 2029 abgeschlossen sein – fünf Jahre früher. Christian Jochum, der als unabhängiger Sicherheitsexperte die Sanierung begleitet, zeigte sich zufrieden mit der Umsetzung der Verbesserungsvorschläge.

Die hatte er Shell mit einem Gutachten im Dezember vorgestellt. Nötig geworden war das, weil in Godorf durch einen lange unentdeckten Riss in einer Leitung über Jahre leichtes Gasöl ausgetreten war. Rund 300 Tonnen des Vorprodukts von Kraftstoffen waren über das nur 1,5 Millimeter kleine Loch ins Erdreich geflossen. Als das Ausmaß im April 2020 bekannt wurde, beauftragte Shell den Gutachter.

Das Gutachten habe das grundsätzliche Sicherheitskonzept der Leitungen infrage gestellt, erklärte Jochum: Die Produktleitungen, durch die Öl und Co. fließen, liegen in Mantelrohren, die einen Schutz nach außen darstellen. Wird eine Produktleitung beschädigt – so die Theorie – fließt das Öl durch das Mantelrohr in einen danebenliegenden Graben. Im Falle des jüngsten Lecks griff dieses Prinzip nicht, da auch das Mantelrohr beschädigt war. Zur besseren Überwachung hatte das Gutachten deshalb vorgeschlagen, sämtliche Rohrleitungen aus der Erde an die Oberfläche zu verlegen.

Gefährlichste Leitungen werden zuerst saniert

Dazu habe Shell zunächst alle Punkte, an denen unterirdische Leitungen Straßen kreuzen, nach ihrem Risikopotenzial bewertet, berichtet Marco Richrath, Direktor des Shell Energy and Chemicals Park Rheinland. Entscheidend ist etwa, wie stark eine Straße befahren ist und ob eine Leitung beheizt ist. Der Konzern saniert die sogenannten Straßendurchführungen mit dem höchsten Risikopotenzial zuerst. Bis Ende 2021 sollen 51 der noch 77 verbleibenden Durchführungen geöffnet und damit 80 Prozent der Risiken minimiert sein. Bis Ende 2025 wird der Konzern laut Richrath alle Straßendurchführungen geöffnet haben. Ende 2029 sollen alle Leitungen an die Oberfläche verlegt und mit entsprechenden Bauwerken wie Brücken versehen sein.

Parallel saniert Shell seine Tankwalldurchführungen. „Da kann man nicht alles öffnen und danach wegsanieren“, sagt der Leiter. Bei diesen bestehe ein höheres Korrosionsrisiko, weil die Leitungen, die in die Tanks führen, beheizt sind. Die zehn Tankwallleitungen mit dem höchsten Risiko will Shell bis Ende 2022 saniert haben, die restlichen 36 bis Ende 2029.

Durch diese Herangehensweise – erst die Risiken minimieren, dann die Sanierung inklusive Bauwerken fertigstellen – könne Shell im Vergleich zum 2014 mit der Bezirksregierung Köln erstellten Sanierungsplan fünf Jahre einsparen. „Das Programm ist mit der Bezirksregierung und dem Umweltministerium abgestimmt“, betont Richrath. Dem Plan stimmte auch Gutachter Jochum zu. „Alle von uns vorgeschlagenen Maßnahmen wurden entsprechend unserer Empfehlungen bearbeitet. Soweit wir Fristen vorgeschlagen haben, wurden diese eingehalten und teilweise sogar unterschritten“.

90 Prozent des Gasöls immer noch im Boden

Shell sollte etwa nach besseren Verfahren suchen, mit denen der Konzern die Rohre kontrollieren kann. „Shell hat ein Verfahren zur Prüfung von Mantelrohren in der frühen Erprobung. Wir sind gespannt, was dabei herauskommt“, sagt Jochum. Für Produktleitungen sei trotz Zusammenarbeit mit dem Tüv bisher keine geeignetere Methode gefunden worden. Dafür wurde laut Richrath zumindest der Abstand zwischen den Überprüfungen halbiert. Weiter baue Shell das Grundwasser-Messstellennetz aus, um Lecks früher zu erkennen; das Unternehmen habe die Schäden untersucht, um daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, Schulungsprogramm sowie Werks- und Arbeitsanweisungen überarbeitet und Erkenntnisse mit der Industrie geteilt.

Auf die Frage, wie viel des leichten Gasöls Shell mittlerweile aus dem Boden geholt hat, gibt Richrath am Mittwochabend die gleiche Antwort wie im Dezember: gut zehn Prozent. Das entspreche ungefähr 40 Kubikmetern – den Gutachtern zufolge sei das „ein ordentlicher Wert“. Das Öl wird, vereinfacht gesagt, vom Grundwasser abgeschöpft, die Rückgewinnung hänge damit auch von der Höhe des Grundwasserspiegels ab. „Nicht bei jedem Stand kann man gleich viel fördern“, erklärt der Leiter.

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