Prozess gegen Reker-Attentäter Verteidiger fordert maximal 15 Jahre Haft

Düsseldorf · Selbst der Verteidiger hält eine mehrjährige Haftstrafe für angemessen. Doch der Reker-Attentäter bestreitet erneut, dass er mit seinem Stich in den Hals seines Opfers töten wollte.

Für das Attentat auf die heutige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat der Verteidiger eine Strafe von maximal 15 Jahren Haft beantragt. „Man muss seine schwere psychische Erkrankung strafmildernd berücksichtigen“, sagte Rechtsanwalt Jasper Marten am Mittwoch am Düsseldorfer Oberlandesgericht über seinen Mandanten. Was aus der Kindheit des Angeklagten bekannt sei, lasse einen schaudern.

Auch wenn er noch nie derart von einem Mandanten beleidigt und zurückgewiesen worden sei, werde er dessen Wunsch berücksichtigen und zur Beweisaufnahme keine Stellung nehmen. Im Ergebnis, nicht im Strafmaß, stimme er aber mit der Bundesanwaltschaft überein, sagte der Anwalt in seinem Plädoyer. Die Bundesanwaltschaft hatte die Tat als versuchten Mord gewertet und lebenslange Haft beantragt.

Der Angeklagte bezeichnete die Äußerungen seines Anwalts als „unglaublich“ und bestritt erneut eine Tötungsabsicht: „Die Beweisaufnahme ist auf stümperhaft manipulierten Akten und Asservaten aufgebaut“, sagte der 44-Jährige. Er sei bei bester Gesundheit und klarem Verstand: „Die Gutachten wurden einfach gefälscht.“

Der Angeklagte verglich sich mit dem Attentäter der ermordeten britischen Labour-Abgeordneten Jo Cox: „Dieser Mann wollte töten. Jeder, der einmal zusticht, hat keine Tötungsabsicht. Ich wollte Reker nur verletzen.“

Frank S. warf der parteilosen Politikerin eine „linksradikale Esoterik-Politik“ vor und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „Hochverrat“. Dann entschuldigte er sich bei „allen Opfern“ - neben Reker waren noch vier weitere Menschen durch Messerstiche verletzt worden.

Er habe einen „großen Fehler“ gemacht und sich sehr viel mit Politik beschäftigt. Dabei habe er wohl einen „Tunnelblick entwickelt“. „Ich habe Schlimmes getan, um Schlimmeres zu verhindern.“ Er habe Reker als Oberbürgermeisterin verhindern wollen.

„Für mich ist er ein Terrorist“, sagte Prozessbeobachter Stefan Bisanz, Sachverständiger für Personenschutz. Der Attentäter habe mit seiner Gewalttat die Politik beeinflussen wollen.

Der psychiatrische Gutachter Prof. Norbert Leygraf hatte Frank S. eine paranoid-narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert. Er sei dennoch voll schuldfähig.

Der früher zur rechten Szene gehörende Angeklagte hatte Reker einen Tag vor ihrer Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin ein großes Jagdmesser in den Hals gerammt und sie lebensgefährlich verletzt. Die Klinge hatte ihre Luftröhre durchtrennt und einen Brustwirbel getroffen. Als Motiv hatte er Rekers Flüchtlingspolitik genannt. Das Gericht will das Urteil am 1. Juli verkünden.

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