Schmerzensgeld für Gefangenen Von Bettwanzen gequält: Euskirchener Häftling verklagt das Land

Euskirchen/Bonn · Ein 29-jähriger Häftling erhält 1000 Euro Schmerzensgeld vom Land Nordrhein-Westfalen. Der Grund: Er wurde in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Euskirchen von Bettwanzen gequält.

Sie sind winzig kleine Blutsauger und suchen gerne nachts den Menschen heim. Nun beschäftigten sie das Bonner Landgericht: Weil ein Häftling im Euskirchener Gefängnis von Bettwanzen heimgesucht worden war, obwohl er immer wieder über quälende Beschwerden geklagt hatte, hat er das Land NRW vor der 1. Zivilkammer auf Schmerzensgeld verklagt. Das Land wehrte sich zwar gegen den Vorwurf der Amtspflichtverletzung, war am Ende jedoch zur Zahlung bereit.

Wegen schweren Raubes war der heute 29-Jährige im Frühjahr 2015 für vier Jahre hinter Gittern gelandet, und im Oktober litt er plötzlich unter juckendem Ausschlag. Wie der Häftling in seiner Klage erklärte, hätten ihm die Sanitäter am 23. Oktober nur eine Salbe gegen Juckreiz gegeben. Und als er einige Tage später mit noch heftigeren Beschwerden erneut die Sanitäter aufgesucht habe, sei er nicht ernst genommen worden.

Stattdessen sei gegen ihn eine Lockerungssperre verhängt worden und er sei zwecks Quarantäne in seiner Zelle eingesperrt worden. Grund: Man ging davon aus, dass er die Krätze habe. Erst am 11. November sei die Sperre aufgehoben worden, und am 30. November habe man endlich die Bettwanzen festgestellt.

„Ich bin durch die Bettwanzen erheblich gezeichnet und leide immer noch an Abszessen“, klagte der Häftling damals. Das aber hätte, so erklärt er in seiner Klage, nicht sein müssen, wenn eine entsprechende ärztliche Untersuchung stattgefunden hätte. Und wegen Amtspflichtverletzung müsse ihm das für das Gefängnis zuständige Land 3500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes habe er sich am Reiserecht orientiert, das Urlaubern entsprechende Entschädigungen zuspreche für Wanzen im Hotelbett.

Das Land aber lehnte die Forderung des Häftlings ab und erklärte: Als der Mann sich erstmals den Sanitätern mit juckendem Ausschlag vorgestellt habe, hätten die ihn direkt an die Ärztin verwiesen. Die habe ihm Salbe und Tabletten verordnet und ihn aufgefordert, sein Bett nach Wanzen abzusuchen. Weil die Beschwerden nicht nachließen, habe man ihm eine cortisonhaltige Salbe verschrieben. Wanzen habe er nicht gefunden und später sogar ausgeschlossen. Deshalb habe man ihn auf Krätze behandelt, und als am 4. November immer noch keine Besserung eingetreten sei, von einem Dermatologen untersuchen lassen. Als der Häftling am 30. November dann erklärt habe, er habe doch Wanzen gesehen, habe man sofort den Kammerjäger bestellt.

Der Häftling aber versicherte: Niemand habe ihn aufgefordert, nach Wanzen zu suchen, und selbst wenn, hätte er die doch gar nicht erkannt, so klein wie die seien.

Am Ende kam es doch noch zu einer Einigung. Schließlich hatte das Gericht dem Häftling vorab Prozesskostenhilfe zugesprochen, was es nur bei Erfolgsaussicht einer Klage tut. Bevor es zur mündlichen Verhandlung vor Gericht kam, bot das Land dem Häftling 1000 Euro Schmerzensgeld an. Der 29-Jährige nahm an, und der Fall ist erledigt.

AZ: LG Bonn 1 O 237/17

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