Nahverkehr in Bonn und der Region VRS-Versammlung beschließt höhere Ticketpreise

Köln · Die Tickets für Busse und Bahnen in Bonn und der Region sollen steigen. Das hat der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) am Freitag beschlossen. Die Fahrkarten werden in den nächsten beiden Jahren schrittweise teurer.

Vermutlich wusste nicht jeder Mitarbeiter des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS), dass es in den Geschäftsräumen an der Kölner Glockengasse eine Wahlkabine gibt. Schließlich wurde eine solche seit Gründung des VRS am 1. September 1987 noch nie benötigt.

Bis zum Freitag. Auf Antrag der CDU stimmten die Mitglieder der Verbandsversammlung in ihrer Sondersitzung geheim über die Erhöhung der Preise für Busse und Bahnen ab. Und die wird kommen.

Zum 1. Januar 2020 sowie zum 1. Januar 2021 werden die Preise um jeweils durchschnittlich 2,5 Prozent erhöht. Diese Erhöhung bezieht sich indes nur auf die Zeitkarten (Monatstickets). Die Einzelfahrscheine des so genannten Bartarifs sollen nicht teurer werden. Das Abstimmungsergebnis fiel deutlich und knapp zugleich aus.

Nach dem Gang in die Wahlkabine hatten 27 von 36 anwesenden Stimmberechtigten für die Preiserhöhung gestimmt, neun dagegen. Da Entscheidungen in der Verbandsversammlung mit Dreiviertelmehrheit getroffen werden müssen, hätte eine weitere Nein-Stimme die Preiserhöhung verhindern können.

Mehr Geld für Personal, Treibstoff und Material

Höhere Kosten für Personal, Treibstoff und Material: Die im VRS fahrenden Verkehrsunternehmen – darunter die Stadtwerke Bonn (SWB) oder die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), aber auch Eisenbahnunternehmen wie National Express und die Deutsche Bahn – brauchen mehr Geld. Und wenn nicht durch teurere Tickets, dann anderswo her.

Vor der Abstimmung hatte VRS-Geschäftsführer Michael Vogel den Mitgliedern der Verbandsversammlung eine Präsentation mit vielen Zahlen und Berechnungen vorgetragen.

Eine Quintessenz: Mit einer zweijährigen Nullrunde müssten den Verkehrsunternehmen in dem Zeitraum 48 Millionen Euro aus anderen Quellen zufließen. Heruntergerechnet läge der Fehlbetrag laut Vogel beispielsweise bei den SWB bei rund 6,7 Millionen Euro, bei den KVB bei rund 20 Millionen Euro.

Diese Summe hätte ohne Preiserhöhung dann von den Städten und Kreisen im VRS-Gebiet aufgebracht werden müssen. Durch den Beschluss der Verbandsversammlung können die Kämmerer in der Region nun aufatmen.

(Dieses Video gehört zu einer Kooperation von GA und WDR.)

Die Verbandsversammlung ist ein besonderes Konstrukt. In ihr sitzen Vertreterinnen und Vertreter der Städte Köln, Bonn, Leverkusen, Monheim sowie aus dem Rhein-Erft-Kreis, dem Rhein-Sieg-Kreis, dem Rheinisch-Bergischen Kreis, dem Oberbergischen Kreis und dem Kreis Euskirchen. Dabei handelt es sich sowohl um Verwaltungsmitarbeiter als auch um Politiker – weswegen die Fronten quer verlaufen, entweder nach Kommunen oder nach politischen Fraktionen sortiert.

So hatte Dierk Timm (SPD, Rhein-Erft-Kreis) vor der Abstimmung erklärt, dass es bei den Sozialdemokraten sowohl Ja- als auch Nein-Stimmen geben werde. In der Tat hatten die SPD-Vertreter aus Bonn, Gabi Mayer, und dem Rhein-Sieg-Kreis, Ute Krupp und Dietmar Tendler, sowie Gerhard Zorn (SPD, Rhein-Berg) vorab erklärt, gegen die Preiserhöhung zu stimmen.

„Wir können nicht jedes Jahr predigen, dass es einen bezahlbaren ÖPNV braucht und dann doch jedes Jahr die Preise erhöhen“, hatte die Rhein-Sieg-SPD erklärt.

Neue Ticketpreise sollen im September vorliegen

Auch der Bonner Grünen-Politiker Rolf Beu hatte vorab mitgeteilt, gegen die Preiserhöhung zu sein. Im Nachgang der Sitzung sprach er in einer Pressemitteilung von einem „schwarzen Tag für den Klimawandel und die Verkehrswende in der Region.“ Ingo Steiner (Grüne, Rhein-Sieg-Kreis) sagte in der Sitzung, dass das „Ökosystem der ÖPNV-Finanzierung“ kollabiere.

Ebenso in der Sitzung erklärte Christian Pohlmann (FDP, Rhein-Erft-Kreis), mit einer „Faust in der Tasche“ den höheren Preisen zuzustimmen. Er befand aber auch, dass die Akzeptanz der Menschen für höhere Preise ihre Grenze erreicht habe. Michael Weisenstein (Linke, Köln) meinte, eine weitere Erhöhung sei verkehrspolitisch nicht richtig.

Walter Wortmann (Freie Wähler, Köln) sagte, dass eine Nullrunde bei den Tarifen ein falsches Signal an Bund und Land und somit kein konstruktiver Ansatz wäre, wenn man mehr Geld für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) von diesen Ebenen haben wolle.

Nach außen geschlossen gab sich die CDU. Gerd Fabian (Rhein-Erft-Kreis) sagte in der Sitzung, dass man der Preiserhöhung zustimme. Zugleich betonte er, dass man aber weg von einem nutzerfinanzierten hin zu einem durch die öffentliche Hand umlagefinanzierten ÖPNV wolle. Man brauche aber diese zwei Jahre Zeit, um Veränderungen im Tarifsystem zu erreichen, so Fabian.

Darin herrschte Einigkeit. Im September wird sich die Verbandsversammlung – unter anderem auf Basis eines SPD-Antrags – mit der Frage befassen, wie man mehr Geld von Land und Bund bekommen kann. Aber auch diese Preise werden wieder auf der Tagesordnung stehen. Bis dahin werden die Experten beim VRS berechnen, welches Ticket wie viel teurer wird.

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