Rheinische Redensarten Wä lang fröösch, dä jitt net jähn

Rheinland · Wir stellen schöne und sinntiefe rheinische Redewendungen vor. Diesmal: Wä lang fröösch, dä jitt net jähn.

 Wer lange fragt, der gibt nicht gerne.

Wer lange fragt, der gibt nicht gerne.

Foto: Jörg Manhold

Gastfreundschaft wird im Rheinland groß geschrieben. Denn sie ist die Voraussetzung von jeglicher ausgelassener Geselligkeit. Und die wiederum ist Platz 1 der Glückscharts hierzulande. Kein Wunder also, dass es zahlreiche Redewendungen gibt, die sich mit dem Thema befassen. Und weil der katholische Rheinländer weiß: Geben ist seeliger denn Nehmen (Apostel 20,35) existieren derer auch viele Lobpreisungen der Großzügigkeit.

Geiz und Großzügigkeit

Da aber jede Medaille zwei Seiten hat, ist es natürlich gesellschaftsrelevant, das Gegenteil auch ordentlich zu sanktionieren. Wer sich also durch besonderen Geiz auszeichnet, der kriegt auf jeden Fall sein Fett weg. Und damit sind wir schon bei der schönen rheinischen Redensart: „Wä lang fröösch, dä jitt net jähn“. Übersetzt hieße das wörtlich: Wer lange fragt, der gibt nicht gerne. Um klar zu umreißen, was das bedeutet, muss man vielleicht ein bisschen ergänzend ausformulieren: Wer lang fragt, ob er etwas geben soll, der erwartet eigentlich ein Nein. Es ist also eine Art rhetorischen Frage.

Das passt zu der Strategie desjenigen, der wartet, bis alle aus der Gruppe eine Runde Getränke ausgegeben haben und heimlich darauf hofft, dass, wenn er an der Reihe ist, niemand mehr Durst hat. Das ist auch ein Sparmodell. Soll es schon gegeben haben! Das ist dann ein Nassauer oder ne Naaße. Oder einer von dem man sagt: Dä hätt ene Ijel en d’r Täsch, weil er offensichtlich Angst hat, in die Tasche zu greifen, wo sein Portmonee sitzt.

Bezüge zur Bibel

Wie so oft in der rheinischen Sprache, hat der Satz allerdings noch eine weitere Ebene, und auch die hat wieder mit einer biblischen Sichtweise zu tun. So steht in Matthäus 6,3: Wenn du nun Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut. Die Kernbotschaft ist hier: Bescheidenheit. Wenn Du etwas gibst, dann schmücke Dich nicht damit, sondern tue das Gute im Verborgenen. Der Subtext lautet also: Einfach machen! Nicht lange fragen. Und schon gar nicht groß darüber reden.

Hören Sie auch unseren Podcast „So geht Rheinisch“, abrufbar auf allen Medienplattformen und unter www.ga-bonn.de/podcast. Haben Sie auch eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns per E-Mail unter der Adresse rheinisch@ga.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort