Lyondell-Basell in Wesseling Weiter Rohbenzin im Boden

Wesseling · Lyondell-Basell hat am Dienstagmittag neue Sanierungs- und Sicherheitsanlagen präsentiert. Zu Gast war unter anderem Landesumweltminister Johannes Remmel. Kurz darauf kam es zu einem Unfall im Werk.

Manchmal ist das Timing einfach schlecht. Nur kurze Zeit, nachdem der Chemiekonzern Lyondell-Basell am Dienstag neue Sanierungs- und Sicherheitsmaßnahmen vorgestellt hatte, kam es auf dem Werksgelände zu einem Unfall. Nach Angaben von Pressesprecher Gerard van der Zanden wurden zwei Mitarbeiter des Unternehmens gegen 13.45 Uhr durch eine ausgetretene heiße Flüssigkeit verletzt. Beide mussten ins Krankenhaus. Der Stoffaustritt habe „umgehend gestoppt werden“ können, so van der Zanden weiter. Die zuständigen Behörden seien informiert worden, Geruchsbelästigungen im Bereich Wesseling-Berzdorf seien möglich gewesen.

Um 10.30 Uhr waren die Unternehmensvertreter noch in bester Stimmung. Sie präsentierten Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) sowie Behördenvertretern aus der Region eine neue Wasseraufbereitungsanlage auf dem Werksgelände. Sie ist Teil des Maßnahmenpakets, mit dem das Unternehmen die Schäden durch das ausgelaufene Naphtha (Rohbenzin) beseitigen will. Wie berichtet, waren im Frühjahr 2015 zwischen 250 000 und 425 000 Liter Naphtha in die Erde beziehungsweise ins Grundwasser gelangt. Grund dafür war ein 11,6 Quadratmillimeter großes Loch in einer Rohrleitung des Konzerns in der Nähe des Godorfer Hafens. Entstanden war das Leck dem Unternehmen zufolge durch Korrosion. Im April 2015 war das gesundheits- und umweltgefährdende Rohbenzin bei einer Routineuntersuchung entdeckt worden. Seitdem laufen die Sanierungsmaßnahmen, um das Naphtha aus dem Erdreich, vom Grundwasser und aus der Bodenluft zu holen. Die jetzt vorgestellte Wasseraufbereitungsanlage hat nach Angaben von Lyondell-Basell eine Kapazität von 1200 Kubikmetern Wasser pro Stunde. Das aufbereitete Wasser werde in den Rhein geleitet.

Nach Angaben von Hanno Limburg, Leiter des Bereichs Sicherheit, Umwelt und Qualität im Wesselinger Werk, wurden bislang rund 190 Kubikmeter Naphtha (190 000 Liter) zurückgeholt. Alle Maßnahmen seien von unabhängigen Gutachtern erarbeitet und mit den zuständigen Behörden abgestimmt worden, so Limburg. Dazu gehöre auch ein umfassendes Messstellensystem. „Wir haben viele Löcher gebohrt, um den Schadensumfang zu berechnen“, sagte Limburg weiter. Werksleiter Henk de Boon nannte den Zwischenfall vom vergangenen Jahr „äußerst bedauerlich“. Man habe den Nachbarn einiges zugemutet und möchte sich dafür entschuldigen. „Das Unternehmen will alles in seiner Macht Stehende tun, um die Umweltbelastung zu minimieren“, so de Boon. Den Dienstag bezeichnete er in diesem Zusammenhang als einen „wichtigen Tag für die Umwelt und die Nachbarn in Wesseling und Godorf“. Das hatte auch damit zu tun, dass Lyondell-Basell ein weiteres Großprojekt vorstellte: einen neuen Pipelinetunnel. In dem rund 270 Meter langen Tunnel, der 14 Meter unter der Erde liegt, verlaufen nach Unternehmensangaben 28 Pipelines. Sie verbinden das Lyondell-Basell-Werk mit dem Godorfer Hafen sowie dem Shell-Werk. Die bisherigen, außerhalb des Tunnels verlaufenden Pipelines sind laut Lyondell-Basell stillgelegt. Wie das Unternehmen mitteilte, sei der Tunnel mit „hochmodernen Überwachungssystemen ausgestattet, die Leckagen sofort identifizieren und melden.“ Wie Limburg sagte, bestehe der Pipelinetunnel aus 90 Segmenten à drei Meter. Jedes Stück wiege 40 Tonnen. Dafür seien 3500 Kubikmeter Beton verarbeitet worden. Die Arbeiten müsse man sich wie beim Bau einer U-Bahn vorstellen, so Limburg. Im Tunnel verliefen rund 4500 Meter Rohrleitungen. „Jede Schweißnaht ist geprüft worden“, erläuterte er.

Die Kosten für das im Jahr 2008 begonnene Projekt beziffert Lyondell-Basell auf 50 Millionen Euro. Limburg: „Es ist uns ein Anliegen, ein verantwortungsvoller Nachbar zu sein.“ Landesumweltminister Remmel fand anerkennende Worte für die von Lyondell-Basell getroffenen Maßnahmen. „Allerdings hätte ich Ihnen gerne den Besuch erspart“, sagte er mit Blick auf den Naphtha-Schaden als Anlass dafür.

Dass so viel Rohbenzin ausgelaufen sei, habe erhebliche Auswirkungen auf Boden, Bodenluft, Raumluft und Grundwasser, unterstrich Remmel. Weiter sagte er, dass die Sanierung viele Jahre in Anspruch nehmen werde: „Das ist keine Sache, die sich auf Knopfdruck beseitigen lässt.“ Generell müsse es bei Rohrleitungen eine hohe Anforderung an die Sicherheit geben. Das Risikopotenzial sei immens und steige mit dem Alter von Rohrleitungen. Diese zu überprüfen, sei eine Daueraufgabe.

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