Unkeler Sonnenberg 3000 Reben hat der Weinbauer auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern gepflanzt

UNKEL · Einige Träubchen hängen schon. Oliver Krupp bindet junge Triebe auf. Das passiert regelmäßig und ist gerade bei solch einem jungen Bestand wie diesem Weißen Burgunder am Unkeler Sonnenberg zwingend erforderlich. 3000 Reben hat der Weinbauer im Frühling auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern gepflanzt.

 Neue Reben braucht das Land: Das Foto zeigt die Pflanzarbeiten im Weinberg im Frühjahr, inzwischen gibt es die ersten Trauben.

Neue Reben braucht das Land: Das Foto zeigt die Pflanzarbeiten im Weinberg im Frühjahr, inzwischen gibt es die ersten Trauben.

Foto: Frank Homann

"Einen kleinen Ertrag werden wir frühestens nach dem dritten Jahr haben, mit der ersten richtigen Ernte ist ab dem vierten oder fünften Jahr zu rechnen", erzählt Oliver Krupp. Er widmet sich Teil eins eines großen Projektes, das nach langer Vorarbeit durch Bernd G. Siebdrat angestoßen wurde.

Der Geschäftsführer der Wein Wolf Holding und Vorstand der Hawesko Holding AG erfüllt sich am Sonnenberg einen Traum. Der Unternehmer spielte den Prinz aus "Dornröschen", nachdem er über einen Text in einem Weinfachjournal gestolpert war, wonach Unkel endlich wachgeküsst werden müsste.

Siebdrat erwarb sechs Hektar brachliegende Anbauflächen, die nach und nach bewirtschaftet werden sollen. Für die praktische Arbeit am Berg sowie Ausbau und Abfüllung der Weine holte er sich Winzer Oliver Krupp ins Boot, der direkt nebenan seinen eigenen Weinberg von drei Hektar Größe hat.

Unkels Stadtbürgermeister Gerhard Hausen jubelt: "Das ist wie sechs Richtige im Lotto! Dieses Projekt passt genau zum Image Unkels als Kulturstadt." Der Begriff "Rotweinstadt Unkel" wurde zwar gepflegt, aber von der uralten Tradition des Weinbaus blieb nicht so viel übrig nach Reblaus-Seuche und anderen Faktoren, die diesem ehemals dominierenden Erwerbszweig die Attraktivität nahmen.

"Das ist ein guter Anfang", sagt Hausen. "Unkel war schließlich wegen seines Rotweins berühmt." Der Bürgermeister lobt nicht nur das Engagement Siebdrats, sondern auch die Bereitschaft der Eigentümer, sich von den ruhenden Anbauflächen zu trennen, die seit Generationen zum Tafelsilber der Familie zählten. Hausen: "Ein Stück Land frisst nicht, das verkauft man nicht. Darauf hat schon der Uropa geackert. Das hat auch einen emotionalen Aspekt, einen moralischen Wert."

Der Stadtrat votierte darüber hinaus einstimmig dafür, rund zehn Hektar Wald zu veräußern. Die ehemalige Winzerfamilie Roos, die den größten Anteil des Areals stellte, erhielt sie auf Wunsch im Tausch: Wein gegen Wald. "Der Rat wollte dazu beitragen, dass wir in Unkel als Gegenwert den Weinbau erhalten. Der Investor hat die Qualität erkannt.

Das ist für unsere Stadt eine Perspektive", konstatiert Hausen. Hinzu kamen rund 25 weitere Grundstückseigentümer, mit denen er verhandeln musste. Hätten sie nicht verkauft, hätten deren "Störparzellen" zwischendrin die Pläne zunichte gemacht, eine zusammenhängende Anbaufläche zu schaffen. Der Bürgermeister: "Da sind auch Tränen geflossen.

Aber alle haben sich im Sinne der Heimat und der Wiederbelebung einer alten Tradition von ihrem Land getrennt." Für einen von Siebdrat genannten, nicht verhandelbaren Preis. Gerhard Hausen unterstreicht: "Alle sind Gewinner." Nebenbei, durch den Waldverkauf konnte die Stadt ihren Haushalt entlasten und nahm Steuern ein.

Beim Winzerfest wird ein Wagen die Aktivitäten auf dem Sonnenberg thematisieren. Nach dem Weißen Burgunder soll ein Spätburgunder in die Erde gesetzt werden. Bodenproben erwiesen, dass Siebdrat eine "gute Nase" hatte. Denn die Qualität in Unkel gleicht jener der besten Rotweinlagen an der Ahr. Gar als "Paradies" bezeichneten die Experten den Sonnenberg.

In Zeiten, in denen der deutsche Wein eine Renaissance erlebt, kein schlechtes Omen. Allerdings kann Oliver Krupp, dessen Familie seit Jahrhunderten mit Weinbau zu tun hat, nicht ungehemmt neue Rebstöcke pflanzen. Die EU bestimmt die Größe der Weinanbauflächen, um damit die Preise stabil zu halten.

Was die Winzer grundsätzlich als positiv werten, könnte das Projekt in Unkel allerdings verzögern. Denn derzeit herrscht am Mittelrhein Anbau-Stopp. Erst wenn irgendwo in diesem Bereich ein Winzer in Rente geht, könnte von ihm das Pflanzrecht erworben werden. Krupp: "Zwar ist es erfreulich, dass es momentan keine Einstellungen gibt.

Für uns bedeutet das aber Warten." Insofern wäre es wünschenswert, dass speziell historische Lagen in Nischen und an Steilhängen wie in Unkel, wo auch arbeitstechnisch viel mehr Aufwand nötig ist, von dieser Verordnung befreit würden.

Unkel und der Wein

Urkundlich ist der Weinbau in Unkel für das Jahr 886 überliefert. Ein erster Einschnitt im Weinanbau erfolgte unter preußischer Regierung, die 1820 eine Weinmoststeuer einführte. In schlechten Erntejahren war die Steuer existenzbedrohend. Der preußische Staat forderte darüber hinaus, ebenerdige Weinbaufläche in Ackerland umzuwandeln.

1875 gab es in Unkel 200 Hektar Weinanbaufläche. Ab 1880 führte der Traubenwickler zusammen mit der seit 1860 wütenden Reblaus zum massiven Rückgang des Weinbaus. Wegen dieser schlechten Bedingungen sicherten sich die erwerbstätigen Menschen, die zuvor zu rund 50 Prozent im Weinbau tätig waren, ihr Auskommen anders: Durch die neue Eisenbahn fanden sie ebenso Arbeitsplätze wie durch den Bau von mehreren Fabriken.

60 Winzer gründeten 1895 den Unkeler Winzerverein, um rationeller arbeiten zu können. Nach einer reichen Ernte 1905 kam es jedoch zu Missernten durch Rebschädlinge. Viele Weinberge wurden stillgelegt. 1928 existierten nur noch 50 Hektar Anbaufläche. In den 1930er Jahren gab es einen Aufschwung. Rekord: 33 Mitglieder lieferten 1939 insgesamt 67 920 Pfund Wein an den Winzerverein ab.

Diese Menge wurde nie wieder erreicht. Sechs Winzer gaben 1967 noch 15 710 Pfund Wein ab; davon nur noch einen Bruchteil Roten. 1969 kam für den Unkeler Winzerverein das Aus. In den letzten Jahren haben einige Enthusiasten den Weinbau wiederbelebt.

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