Wahlkreis 198 Neuwied Jochen Bülow aus Breibach kandidiert für "Die Linke"

Kreis Neuwied · Jochen Bülow kommt mit dem Motorrad zum vereinbarten Termin in der Unkeler Weinstube Im Lämmlein. Folgerichtig trägt der Bundestagskandidat für "Die Linke" Lederhose und Motorradjacke.

 Jochen Bülow mag alte Häuser, er hat selbst eins. Hier hat er das Fachwerk in der Unkeler Pützgasse im Rücken.

Jochen Bülow mag alte Häuser, er hat selbst eins. Hier hat er das Fachwerk in der Unkeler Pützgasse im Rücken.

Foto: Frank Homann

"Soll ich mich umziehen? Ich habe ein Jackett dabei...", fragt er und zeigt auf seinen Rucksack. Der Journalist, der inzwischen die Politik zu seinem Beruf gemacht hat, ist im Wahlkampf für alle Lebenslagen gewappnet.

Aber nicht nur was die Kleidung angeht, zeigt sich der 48-Jährige variabel. Auch was die Wahl seiner Wohnorte angeht, schätzt der gebürtige Wuppertaler die Abwechslung: Als Journalist hat er viele Jahre in Köln gelebt und gearbeitet. Bis er die Großstadt gegen das Dorf eintauschte. In Breibach, einem Ortsteil von Niederwambach, steht das alte Haus, das ihn und seine Familie aufs Land zog. "Eine bewusste Entscheidung, auch wegen des Lütten." Inzwischen ist selbst der jüngere der beiden Söhne schon 15 Jahre alt, der große Bruder 24.

Und Bülow und seine Frau sind immer noch nicht so ganz mit dem Umbau fertig. "Wir haben noch einen großen Stall, den wollen wir zu zwei Werkstätten ausbauen", sagt Motorradfan Bülow. Dann kann seine Frau in der einen ihre Objekte aus Stein und Holz fertigen, während er sich in der anderen um seine Suzuki GSX 400 F und andere alte Schätzchen kümmern kann.

"Da kriegen mich keine zehn Pferde mehr weg", urteilt Bülow über das Landleben. Vermutlich auch, weil er sich bei den Nachbarn akzeptiert fühlt: "Ein Linker auf dem Dorf? Das geht." Auch wenn er ab und an mal auf die Schippe genommen werde.

Als Journalist hat sich Bülow aus Prinzip von Parteibüchern ferngehalten. "Aber das Herz schlug links." Und für Oskar Lafontaine. Mit einem überzeugenden Auftritt bei einem Parteitag der WASG, der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit, die später mit der PDS zur Linken fusionierte, macht er aus dem Berichterstatter einen Politiker.

"Oscar war's", erinnert sich Bülow noch heute an eine "wirklich mitreißende Rede" und gerät genauso ins Schwärmen wie viele Sozialdemokraten, die wegen Willy Brandt in ihre Partei eingetreten sind. Mit dem Hauskauf im Westerwald und dem zeitaufwendigen Umbau rückte der Journalismus in den Hintergrund. Stattdessen kandidierte Bülow für den Ortsgemeinderat, zog 2009 zeitgleich in den Kreistag ein.

Sein Arbeitgeber ist seit zwei Jahren der Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich, für den er im Wahlkreisbüro arbeitet. Ulrich bekleidet für "Die Linke" bei der Wahl 2013 übrigens Listenplatz eins, sein Mitarbeiter Bülow rangiert mit Listenplatz vier nicht viel weiter hinten. Trotz breiter Zustimmung in den eigenen Reihen und beachtlicher Wahlergebnisse der Linken bei der letzten Bundestagswahl schätzt Bülow seine Chance auf ein Direktmandat als "sehr überschaubar" ein.

Dennoch sieht er sich gerade auch in Gesprächen und Diskussionen als politische Alternative, will Mindestlohn, faire Renten und das Ende von Hartz IV, eine Reichensteuer, faire Renten und eine Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben. Anders als noch im Wahlkampf 2005 reagierten die Bürger durchaus aufgeschlossen auf "Die Linke" und ihre Themen.

"Sprüche wie 'Geh doch nach drüben' kriegen wir nicht mehr zu hören, das ist völlig durch", sagt Bülow. Zwar gehe es vorwiegend um Bundesthemen, sagt der Kandidat, der gerne auch mit Landesthemen durchdringen würde, gerade weil "Die Linke" bei der jüngsten Landtagswahl in Rheinland-Pfalz mit rund drei Prozent nicht gerade gut abgeschnitten habe.

Und ab und zu gelinge es auch, ein paar regionale Akzente zu setzen. Zum Beispiel mit der Fahrgelderstattung für Schüler. Die sei im Kreis zwar bis zur zehnten Klasse der weiterführenden Schulen gewährleistet, aber nicht bei den berufsbildenden Schulen. Für Bülow ein Unding. Oder der Mammographie-Bus, für den er gerne Berechtigungsscheine beim Kreis ausgeben lassen würde, damit auch diejenigen ohne Krankenversicherung an der Vorsorge teilnehmen können.

"Ich lebe gerne", hat der begeisterte Segler in einem Interview gesagt. Und wer mit dem Raucher selbstgedrehter Zigaretten ins Gespräch gekommen ist, der ist geneigt, ihm das aufs Wort zu glauben. "Aber ich möchte, dass möglichst viele Menschen das auch sagen können."

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