Linz und Bad Hönningen gegen Fusion Kooperation ja, Zwangsehe nein

Linz/Bad Hönningen · Laut rheinland-pfälzischem Landesgesetz müssten sich die Verbandsgemeinden Linz und Bad Hönningen zusammentun. Doch die Bürgermeister Hans-Günter Fischer und Michael Mahlert wehren sich gegen das "undemokratische Diktat" und fordern stattdessen eine „kluge Gebietsreform“.

 Üben den Schulterschluss: Die beiden Verbandsgemeindebürgermeister Hans-Günter Fischer (l.) und Michael Mahlert.

Üben den Schulterschluss: Die beiden Verbandsgemeindebürgermeister Hans-Günter Fischer (l.) und Michael Mahlert.

Foto: Frank Homann

Gut 100 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Linz am Rhein und Mainz, noch 90 sind es zwischen Bad Hönningen und Mainz – eine nicht nur räumliche Distanz. Diesen Schluss ziehen die Verbandsbürgermeister von Linz und Bad Hönningen, Hans-Günter Fischer (CDU) und Michael Mahlert (SPD), nach einem Schreiben aus dem rheinland-pfälzischen Innenministerium zur Gebietsreform.

Bad Hönningen, heißt es da, habe „bekanntlich Gebietsänderungsbedarf“. Und: Ein Zusammenschluss der VG Bad Hönningen und Linz am Rhein entspreche „den Vorgaben des Landesgesetzes“. Bedeutet, so Fischer und Mahlert: Mainz verordnet quasi die Fusion. Beider Reaktion ist auf einen kleinen Nenner zu bringen: Kooperation ja, Zwangsehe nein, hieß es am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Bislang gebe es lediglich eine Einladung zu Gesprächen, teilte das Ministerium auf Anfrage des GA mit.

Das kleinere Bad Hönningen soll sich Linz anschließen

Wie berichtet, hatte die Landesregierung 2010 eine Gebiets- und Verwaltungsreform auf den Weg gebracht. Verbandsfreie Gemeinden sollen mindestens 10.000, Verbandsgemeinden (VG) 12 000 Bürger haben. Die VG Linz mit rund 18.000 Bürgern bliebe unangetastet, die VG Bad Hönningen mit 10.000 Einwohnern nicht. Ausnahmen von der rein rechnerischen Regel können Parameter wie Wirtschafts- und Finanzkraft oder auch Fläche, geografische Lage und Topographie sein. Je nach Struktur kann dann die Mindest-Einwohnerzahl abweichen. 2014 begann die „gesetzliche“ Phase der Reform, das heißt, Fusionen „von oben“ sind möglich. Das haben verschiedentlich Urteile so bestätigt. Bis 2019 soll alles umgesetzt sein.

Was aber braucht es für eine Fusion? Einen Partner. Genau da kommt laut Land die VG Linz ins Spiel, die qua Größe alleine bestehen kann, aus örtlichen Erwägungen ähnlich wie im Falle Waldbreitbachs und Rengsdorfs aber als Partner ansteht. Fischer: „Zeitpunkt und Art des Schreibens haben mich gelinde gesagt geschockt. Denn das Heft des Handelns gehört in die Region.“ Fischer und Mahlert finden für den Brief aus Mainz deutliche Worte: Er sei ein „undemokratisches Diktat mit dem Hammer“ (Fischer) und damit das „Gegenteil von klugen Kooperationsprozessen und -modellen, die allen Beteiligten nachhaltige Verbesserungen bringen“ (Mahlert).

Fischer und Mahlert betonen: Alle Lösungen müssten vor Ort – Fischer: „Hier kennt man am besten die Gegebenheiten und auch die Chancen“ –, entwickelt werden, „nicht in den Aktenstuben im fernen Mainz“. Besonders wichtig sei die Bürgerbeteiligung. „Wir müssen die Menschen doch mitnehmen“, so Mahlert. Nur so schaffe man Akzeptanz und damit wirklich gedeihliche Zusammenarbeit.

Fischer und Mahlert setzen sich an die Spitze einer Initiative

Mit einem Zehn-Punkte-Programm wollen Fischer und Mahlert einen Dialog mit dem Land und umliegenden Verbandsgemeinden anstoßen – absolut ergebnisoffen, auf Basis der Freiwilligkeit, mit den Bürgern und ausgehend von den Chancen statt von bloßer fiskalischer Betrachtung, wie das Land sie vorsieht. Mahlert: „Wir wollen an die Spitze der Bewegung und eine Reform erarbeiten, die den Namen Reform auch verdient hat.“

Dass der Blick der beiden Bürgermeister dabei über den Tellerrand der eigenen Gemeinden hinaus geht, hat guten Grund: Die „Zeit des Kirchturmdenkens ist in der Region Rhein-Wied schon lange vorbei“, in der Vergangenheit seien auch mit Landesförderung schon viele erfolgreiche Kooperationen aufgebaut worden. Als Beispiel nennen beide das Projekt „AktivRegion Rhein-Wied“ mit Synergieeffekten bei Senioren, Integration, Ehrenamt, Flüchtlingen und Gesundheit.

Ebenso wichtig sei das Projekt „Leader“ mit der VG Unkel zu Themen wie Wohnen, Leben und Arbeiten, Tourismus und Kultur oder regionale Identität und soziales Miteinander. Fischer: „Die Region befindet sich längst in einer Phase der Kooperation. Es ist nicht zu verstehen, dass das Land die geleistete Vorarbeit quasi torpediert.“ Mahlerts Fazit am Mittwoch: „Rechtlich wäre die Zwangsfusion möglich, aber Zwang bedingt nie Gutes. Wir wollen Denkanstöße geben, wie es anders, wie es besser geht.“

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