Lokale Wirtschaft in der Corona-Krise Rheinbreitbacher Firma sattelt um auf Prävention

Rheinbreitbach · Tröpfchenschutz statt Messebau und Werbung: Nach dem Corona-Schock sattelt Picos Grafik aus Rheinbreitbach um auf Lösungen zur Prävention. Während die 45 Mitarbeiter in Kurzarbeit sind, stemmt sich das Unternehmen wie viele andere Mittelständler gegen existenzbedrohende Ausfälle.

 Picos Grafik bietet auch Lösungen für Taxis an. Inhaber Pierre Costet (r.) und Mitarbeiter Patrick Myschker demonstrieren die Montage.

Picos Grafik bietet auch Lösungen für Taxis an. Inhaber Pierre Costet (r.) und Mitarbeiter Patrick Myschker demonstrieren die Montage.

Foto: Frank Homann

Eigentlich, sagt Pierre Costet, „dachte ich immer, wir seien sehr breit aufgestellt“: Kunden im Einzel- wie im Großhandel, in der Industrie, bei Museen, Messe-, Kongress- und Konzertveranstaltern – „und keiner davon über zehn Prozent“. Absolut krisensicher, so sollte man meinen. Doch dann kam Corona und mit dem Virus eine Lockdown, der alle Branchen erfasst.

So auch die Firma Picos Grafik in Rheinbreitbach, das damit zugleich beispielhaft steht für das viel zitierte Rückgrat der Wirtschaft: den Mittelstand. Wege aus der Krise sucht das inhabergeführte Unternehmen mit einer neuen Produktpalette: „Picos care“, das steht für Prävention in Zeiten von Corona. Dafür bietet die Firma Lösungen von der transparenten Trennwand fürs Geschäft, Büro oder den Hörsaal bis hin zu solchen für Taxi & Co.– und hofft so, die Zukunft des Unternehmens und die der 45 Mitarbeiter zu sichern.

Entwürfe am heimischen Küchentisch

Gut ein Vierteljahrhundert nach Gründung steht Picos Grafik vor einem Neustart – und sieht sich damit wie so viele in der Verantwortung vor allem für die Mitarbeiter. „Worum es geht, ist, die Arbeitsplätze langfristig zu sichern“, so Pierre Costet. Aufgeben ist keine Option: Während die Mitarbeiter in Kurzarbeit sind, fahren Geschäftsleitung und die ganze Familie Sonderschichten. Am heimischen Küchentisch in Bad Honnef wurden Ideen entwickelt und gezeichnet, Proto-Typen entworfen.

Gegründet wurde Picos Grafik 1993 von dem Ehepaar Anne und Pierre Costet in einem Keller des seinerzeitigen Wohnhauses in Erpel. 1995 wurde daraus eine GmbH, das Unternehmen zog nach Unkel um. Dort wurde auch der erste Mitarbeiter eingestellt, der nach wie vor zum Team gehört. Auch in den Folgejahren waren Investitionen und Expansion angesagt. Nicht nur die Belegschaft, zu der Grafiker ebenso gehören wie Schreiner, Näherinnen und Messebauer, wuchs. Auch der Machinenpark brauchte mehr Platz. Seit 2012 ist die Firma an der Hauptstraße in Rheinbreitbach ansässig und bietet auf mittlerweile 4000 Quadratmetern Lösungen für großformatige Außenwerbung sowie Leit- und Messesysteme und mehr an.

„Normalerweise herrscht hier eine etwas andere Geräuschkulisse“, so Pierre Costet. Tatsächlich, ganz anders als vor Corona ist es nahezu still in der Fertigungshalle. Digitaldrucker und Plotter ruhen. Nur die Fräsmaschine ist in Betrieb. Mitarbeiter Michael Matern schneidet Komponenten für Thekenaufsteller zurecht. Kollegen nebenan kommissionieren Mund- und Nasenmasken, „die kommen von einem tollen Partner. Keine medizinischen, versteht sich. Letztere gehen an Kliniken, und da gehören sie auch hin“, so Costet.

Ausfälle in sechsstelliger Höhe

„Der März ist normalerweise unser stärkster Monat“, so der Unternehmer. Doch mit dem Aus für alle Großveranstaltungen jagte auch bei Picos Grafik, das die Bundeskunsthalle, das Haus der Geschichte, Haribo, den Nürburgring und viele mehr zu den Kunden zählt, eine Stornierung die nächste. „Gemerkt, dass es brenzlig werden würde, haben wir schon Ende Februar. Aber alleine am 5. März sind dann Aufträge im sechsstelligen Euro-Bereich eingebrochen“, ergänzt seine Frau Anne. Über ihren Tisch laufen auch die Anträge für staatliche Hilfen – ein „zähes Unterfangen“, wie sie sagt, zumal es „fast jeden Tag neue Informationen gibt“, auch für die Hausbanken, die darauf ebenfalls angewiesen seien.

Für eine Reihe Aufträge war schon produziert. Aber Gelder einfordern? Anne Costet: „Die Auftraggeber verdienen ja auch nichts. Wir sitzen alle im selben Boot, was kann man da schon tun?“ Die Antwort: Umsatteln, zusätzlich zum bleibenden Stammsegment, und das so schnell wie möglich. Und mit dem Knowhow, das vorhanden ist. „Wir haben lange Erfahrungen mit den Materialien, wir haben die Maschinen und das Personal“, so ihr Mann.

„Corona verändert die Welt“

Mittlerweile werden Lösungen für Tröpfchenschutz durch Trennwände aus Acryl für den Handel, Trennscheiben für Büro, Schule, Universität und Kongresse, Thekenaufsteller und mobile Trennlösungen etwa für Friseurgeschäfte gefertigt, „darauf sind wir besonders stolz“. Auch Lösungen fürs Taxi aus dem bruchsicheren, transparenten Polycarbonat gibt es. Pierre Costet: „Unser Hauptanliegen ist Prävention für unsere Kunden, und das auch langfristig.“ Innerhalb kürzester Zeit stand die Kalkulation. Dann wurde in nur drei Tagen mit Unterstützung von Angela und Alfred Schneiderwind und ihrer Honnefer Agentur Aligator Kommunikation die Website konzipiert – „sozusagen aus dem Boden gestampft“, so Costet. Er ist sicher: Auch nach Corona wird vieles von dem, was jetzt zur Prävention ersonnen ist, Bestand haben: „Corona verändert gerade die Welt. Daran geht auch in Zukunft kein Weg mehr vorbei.“

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