Wahlkreis 198 Sandra Weeser kandidiert erstmals für die FDP

KREIS NEUWIED · Wir treffen uns in Hachenburg. Ja, Hachenburg. Erster Eindruck: Mein Gott, ist das weit weg. Weit entfernt von Bonn, von Neuwied, vom Rhein.Sandra Weeser hat vollstes Verständnis für die Ermüdungserscheinungen von jemanden, der fast 90 Minuten über die Landstraßen getuckert ist: "Die schlechte Verkehrsanbindung des Kreises Altenkirchen war ein Hauptgrund, mich zu engagieren."

 Vor der Kirche Maria Himmelfahrt auf dem Alten Markt in Hachenburg: Sandra Weeser.

Vor der Kirche Maria Himmelfahrt auf dem Alten Markt in Hachenburg: Sandra Weeser.

Foto: Uta Effern-Salhoub

Die Lebensadern heißen hier B 8, B 62 und B 414. Weeser machte sich für die Initiative "Anschluss Zukunft" der Industrie- und Handelskammer und deren Forderung nach dreispurigem Ausbau der B 8 stark und zwar in der Zeit (sechs Jahre bis 2011), als sie Beiratsmitglied der IHK Koblenz war.

Das Mitglied des Verbandsgemeinderates Betzdorf seit 2009 wohnt ebendort - im aus Rhein-Perspektive tiefsten Westerwald. Die Liberalen schicken Weeser in den Fußstapfen der FDP-Bundestagsabgeordneten Elke Hoff ins Rennen. Nach zwei Perioden in Berlin hatte Hoff auf eine dritte Kandidatur verzichtet.

Weesers Aussichten, über die FDP-Landesliste in den Bundestag zu gelangen, stehen gar nicht mal schlecht: Hinter den drei MdB Volker Wissing, Rainer Brüderle und Manuel Höferlin nimmt die 44-Jährige Newcomerin Platz vier ein. 2009 zogen die ersten Fünf der Liste nach Berlin. Die Liberalen müssten diesmal bundesweit um die zehn Prozent kriegen, dann würde Weesers Listenplatz wohl das Mandat bedeuten.

Ob es klappt, sei für sie momentan allerdings zweitrangig: Wenn es nicht hinhaut, "werde ich es in vier Jahren noch einmal machen", sagt sie voller Elan. Ihr Hauptfeld sieht die energievolle Mutter zweier Töchter (vier und neun Jahre alt) im Einsatz für den Mittelstand. Den erlebte sie aus erster Hand im vom Vater geführten Autohaus.

Abgeschlossenes Betriebswirtschaftsstudium, Ausbildung als Groß- und Außenhandelskauffrau, Auslandstätigkeit: Auf der faulen Haut hat Weeser nie gelegen. 2004 ging sie mit in die Geschäftsführung des Familienbetriebes mit 25 Mitarbeitern, der 2011 verkauft wurde.

Die Mitte der Gesellschaft und ihre Leistungsträger dürften nicht noch mehr belastet werden. Kleine Unternehmen rieben sich häufig in den Fängen der Bürokratie auf. Die heutige Managerin "Customer Service" beim börsennotierten amerikanischen Unternehmens "Rexnord" in Betzdorf (Hersteller von Förder- und Antriebsketten, 320 Beschäftigte) regen Vorgänge wie diese auf: "Ich muss praktisch drei Diplom-Arbeiten schreiben, um für ein Entwicklungsprojekt an Fördergelder zu kommen."

Schnelles Internet und gute ärztliche Versorgung sind ihr wichtig, frühkindliche Förderung, schnellerer beruflicher Wiedereinstieg für Frauen. "Und wenn schon Integrierte Gesamtschule, dann richtig, dann bitte schön ein Platz für jeden. Es kann nicht sein, dass ein Los über die Zukunft eines Kindes entscheidet." Explizit verfechtet Weeser das Windkraftkonzept der FDP, wonach Windenergieanlagen "in vorbelastete Zonen wie Industrieflächen oder entlang von Autobahnen" gehören.

Tabu: Flora-Fauna-Habitat Gebiete und Terrain, auf dem Grundwasser gefördert wird. Die Gegner von Windkraftanlagen auf dem Asberg in der VG Unkel finden in Weeser eine überzeugte Fürsprecherin. Derartige "Industrieanlagen in die Wälder zu setzen" läuft ihr gänzlich zuwider, gerade "eine so schöne Landschaft wie im Rheintal darf man nicht verschandeln".

Wobei sie Verständnis für finanziell ausgeblutete Kommunen hat, die mit Windrädern "versuchen, sich zu refinanzieren, ohne dabei die Aspekte der Nachhaltigkeit zu beachten". Weeser gibt sich stark und selbstbewusst: "Man muss nicht immer mit dem Strom schwimmen." Beispiel: das acht Millionen Euro teure Molzbergbad in Betzdorf. Vor dem Bau habe sie als Einzige gewarnt, nun sei es schwer defizitär. Ihr "Backup" ist Ehemann Thierry. Ihn lernte sie kennen, als sie 1993 bis 1995 für eine japanische Firma in Toulouse arbeitete. Mit ihm spricht sie nur Französisch, fließend natürlich.

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