Mitarbeiter gingen für höhere Bezahlung auf die Straße Streik: Unkeler Kitas blieben zu

UNKEL · "Wer eine Horde Kinder managt, verdient auch ein Managergehalt!" Ganz ernst gemeint war diese auf ein Schild geschriebene Forderung nicht, die gestern Vormittag in Unkel eine Erzieherin vor sich her trug.

 Sie fühlen sich unterbezahlt und nicht ausreichend gewürdigt: Erzieher und Erzieherinnen aus den gemeindeeigenen Unkeler Kindertagesstätten beteiligten sich gestern am Streik.

Sie fühlen sich unterbezahlt und nicht ausreichend gewürdigt: Erzieher und Erzieherinnen aus den gemeindeeigenen Unkeler Kindertagesstätten beteiligten sich gestern am Streik.

Sie arbeitet normalerweise in einer der fünf kommunalen Kindertagesstätten der Verbandsgemeinde, gestern aber beteiligte sie sich am Streik, der in den Norden von Rheinland-Pfalz ausgedehnt wurde.

Die Erzieherinnen von Maria Magdalena und "Sonnenschein" Rheinbreitbach, der Marienkindergärten in Unkel und Bruchhausen sowie vom Erpeler "Regenbogenland" legten die Arbeit nieder, um die Forderung nach einer höheren Entlohnung zu unterstreichen. Sie machten mit Pfeifen und Trommeln, Ratschen und Topfdeckeln auf dem Weg durch die Kleinstadt lautstark auf ihre Anliegen aufmerksam. Die Betreuung von mehreren Hundert Kindern musste von deren Eltern anderweitig geregelt werden; Notplätze bot die Verbandsgemeindeverwaltung nicht an.

"Eltern sind nicht hier bei unserer Kundgebung, aber wir haben im Vorfeld von 95 Prozent unserer Mütter und Väter Zustimmung erfahren. Die übrigen haben allerdings sehr negativ auf unseren Streik reagiert und die Forderungen nach mehr Gehalt als völlig überzogen bezeichnet", berichtete die Unkeler Kita-Leiterin Silvia Hummerich-Holderer.

Auf dem großen Parkplatz vor ihrem Kindergarten hatten sich die Teilnehmer des Streikzugs versammelt. Natürlich fordere die Gewerkschaft eine bessere finanzielle Entlohnung, den Erzieherinnen gehe es aber auch um mehr Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit.

Dafür nahmen jene Erzieherinnen, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind, auch finanzielle Einbußen in Kauf. Der Streiktag wird nicht bezahlt; Gewerkschaftsmitglieder bekommen Ersatz für den Verdienstausfall.

"Unser Arbeitsfeld hat sich mit dem Rechtsanspruch der Ein- und Zweijährigen auf einen Kindergartenplatz enorm verändert", erklärte Inge Naß von der Unkeler Kindertagesstätte. Bei einem Kind-Erzieher-Verhältnis von fünf zu eins müsse man sich schon enorm konzentrieren, um seiner Verantwortung gerecht zu werden. "Ich wickele mindestens zehn Kinder pro Tag und muss während des Windelwechselns auch die übrigen im Blick behalten. Da ist es schon frustrierend, wenn man am Abend angefeindet wird, weil ein Kind mal keine frische Windel hat", beklagte Naß, die für ihre Dreiviertel-Stelle 1380 Euro netto bezieht - ohne die Möglichkeit, durch ihr Dienstalter in eine höhere Gehaltsstufe zu kommen.

"Wir sind zudem ununterbrochen einem Lärmpegel ausgesetzt, der dem eines Presslufthammers entspricht, und das bei einem Kind-Erzieher-Verhältnis bei den Großen von zwölf zu eins, wenn denn das komplette Personal anwesend ist", ergänzte Dagmar Stolle, Leiterin der Kita "Sonnenschein". Hinzu komme der Kraftakt, im Laufe jedes Tages rund 350 Kilogramm Gewicht zu heben, weil die Kinder auch getragen werden.

Das fällt Lukas Garbe, einem der wenigen Erzieher, etwas leichter. Doch er sagt: "Viel schwerer ist der immer größer werdende Spagat zwischen Betreuung und Bildung, der von uns verlangt wird." Den Kitas würden immer mehr Aufgaben und Auflagen aufgebürdet, bei gleicher Bezahlung und vor allem bei gleichem Personalschlüssel.

"Wir übernehmen viele Erziehungsaufgaben der Eltern, sind Omas, Babysitter oder Nannys. Wir haben nicht nur einen Betreuungs-, sondern auch einen Bildungsauftrag", so Hummerich-Holderer.

Das Arbeitsfeld der Erzieherinnen und Erzieher sei enorm komplex geworden, und das habe rein gar nichts mehr mit dem zu tun, was in den ersten Kinderverwahranstalten des ausgehenden 19. Jahrhunderts gemacht wurde.

Dies müsse anerkannt und gewürdigt werden, letztlich auch finanziell. "Schließlich darf man auch unseren volkswirtschaftlichen Nutzen nicht außer Acht lassen. Ohne Kitas könnten viel weniger Leute einer Arbeit nachgehen", sagte sie.

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