Interview mit Gerhard Hausen Unkels Bürgermeister: "Als Stadtchef musst du trinkfest sein"

UNKEL · Dieser Ort ist ein Widerspruch in sich. Ein Idyll, grün, weitläufig und doch in seiner derzeitigen Verfassung so übertrieben trostlos: Das Unkeler Freibad liegt brach. Dennoch ist es wegen der Brisanz und des Wetters der ideale Ort für unser Sommer-Interview mit Unkels Bürgermeister Gerhard Hausen.

 Gute Miene zum bösen Spiel: Ortsbürgermeister Gerhard Hausen kämpft für die Wiedereröffnung des Freibades in Unkel. Doch der Weg dahin ist noch lang, das Ziel ergebnisoffen.

Gute Miene zum bösen Spiel: Ortsbürgermeister Gerhard Hausen kämpft für die Wiedereröffnung des Freibades in Unkel. Doch der Weg dahin ist noch lang, das Ziel ergebnisoffen.

Foto: Frank Homann

Herr Hausen, wie sehr ärgert es Sie, dass das Schwimmbecken noch leer und das Freibad geschlossen ist?
Gerhard Hausen: Sehr. Ich weiß noch sehr genau, was hier früher an solch sonnigen Tagen los war: Da lagen hier bis zu 3000 Menschen. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich mich mit aller Kraft dafür einsetze, dass das Freibad wieder öffnet.

Verraten Sie ihn mir.
Hausen: Ich bin Nichtschwimmer. Ich möchte nicht, dass es meinen zwei Enkelkindern genauso ergeht wie mir, nur weil sie in der Nähe keine Gelegenheit haben, schwimmen zu lernen.

Was überrascht Sie eigentlich mehr: Die Hartnäckigkeit des Fördervereins, der seit sieben Jahren mit nun mehr 450 Mitgliedern für die Sanierung und Wiedereröffnung kämpft, oder doch die vielen Steine, die ihm immer wieder in den Weg gerollt werden?
Hausen: Ich bin unheimlich beeindruckt, wie zäh der Verein an seinem Ziel arbeitet. Wir dürfen ihn nicht hängen lassen. Der Förderverein hat zugesagt, einen Teil der Bürgschaft selbst abzusichern, das ist ein erster, großer Schritt. Ich hoffe, dass dadurch ein Ruck durch die Verantwortlichen geht. Bei der Haushaltslage ist es nicht zu verkennen, dass sich die Verbandsgemeinde schwer tut. Aber jetzt, wo der Förderverein die Bürgschaft absichern will, muss das Thema wieder in den VG-Rat zur Abstimmung.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass alles ein gutes Ende nimmt?
Hausen: Schwer zu sagen: Ich tippe 50:50. Aber ich erinnere mich noch gut an die Anfänge des Willy-Brandt-Forums. Damals lächelten auch viele über die Idee, dies mit Ehrenamtlichen zu stemmen. Und heute? Klappt alles. Ein großer Erfolg.

Das Freibad ist nur eine Baustelle. Der Strukturwandel ist die andere.
Hausen: Ja, wir stecken mittendrin. Aber unser Erfolg ist, dass wir von Anfang an mit den Bürgern Projekte erarbeitet und diese dann auch umgesetzt haben. Wir haben hochengagierte Bürger. Aber: Die gibt es überall. Man muss sich als Kommune nur öffnen und nicht meinen, man hätte die Weisheit mit Löffeln gefressen. Nehmen wir nur mal die Zukunftswerkstatt oder das Projekt Kulturstadt. Ich behaupte, und das ist nicht nur mein Verdienst: Das ist derzeit die erfolgreichste Legislaturperiode seit Jahrzehnten in Unkel.

Die nächste könnte noch erfolgreicher werden. Falls der Windpark kommt.
Hausen: Ob er kommt, weiß noch niemand. Es darf nicht zum Dogma werden: Jetzt haben wir es beschlossen, jetzt muss er auch kommen. Aber um ehrlich zu sein, befürchte ich, dass am Ende nicht die Volksvertreter, sondern die Gerichte über den Windpark entscheiden werden.

Wenn Sie sich für Ende des kommenden Jahres eine Schlagzeile aussuchen dürften, welche wäre das: "VG Unkel produziert ersten grünen Strom", "Bürgermeister springt im Freibad Unkel als Erster vom Drei-Meter-Brett" oder "Unkel vermietet letztes leerstehendes Ladenlokal"?
Hausen: (lacht) Wie gesagt: Ich bin Nichtschwimmer. Die zweite Schlagzeile wäre mein Ende. Und Ende 2014 dreht sich hier definitiv noch kein Windrad. Das ist für mich Fakt. Abgesehen davon: Ich würde einen Riesensatz in die Luft machen, wenn wir den Leerstand bekämpft hätten. Derzeit stehen noch drei, vier Ladenlokale leer. Aber wer mir vor vier Jahren gesagt hätte, dass das Pilotprojekt Kulturstadt so umgesetzt werden würde wie es nun umgesetzt wurde, den hätte ich als Fantast bezeichnet. All das wird in der Nachbarschaft wahrgenommen. Es kommt nicht von ungefähr, dass Unkel an Einwohnern gewinnt.

Sie halten eine Vollauslastung in der Innenstadt also für realistisch?
Hausen: Von den drei Möglichkeiten, die Sie mir gegeben haben, auf alle Fälle am realistischsten. Ich werde ja dauernd mit kritischen Nachfragen konfrontiert: Warum wird die Löwenburg nicht umgesetzt? Was ist mit dem Marienberg? Was mit dem Bahnhof? Wir müssen Rede und Antwort stehen und viel erklären. Politiker mögen das nicht so sehr. Wir jedoch haben die Bürger immer ernst und mitgenommen.

Sie sind ein Mann des Volkes. Unkel hat 49 Vereine, in 14 sind Sie Mitglied.
Hausen: Ich brauche deshalb auch keine Sprechstunde. (lacht) Ich bin da. Und ich will angesprochen werden. Ich will wissen, wo der Schuh drückt. Das heißt aber auch: Als Bürgermeister musst du auch trinkfest sein.

Im Rathaus sagen sie über Sie: Der Hausen kann nicht ohne Rathaus.
Hausen: Das stimmt. Ich war vor zehn Jahren das letzte Mal im Urlaub. Nach zwei Tagen muss ich spätestens wieder im Büro sein, sonst werde ich krank. Um halb sieben fange ich jeden Morgen an.

Sie werden also wieder kandidieren?
Hausen: Ich habe mit den Gremien noch nicht über die nächste Wahl gesprochen. Aber ich würde diese Aufgabe wieder gerne übernehmen, um Unkel noch weiter nach vorne zu bringen.

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