Kindergartenerweiterung in Erpel Vereine protestieren gegen Nutzung der Bürgersaal-Nebenräume

Erpel · Die Kita in Erpel platzt aus allen Nähten. Der Vorschlag des Landesjugendamts: die Nebenräume des Bürgersaals stärker nutzen. Dagegen protestieren die Ortsvereine - aus gutem Grund.

 Rund 120 Kindergartenplätze werden künftig in Erpel benötigt. In der Kita „Regenbogenland“ ist es jedoch jetzt bereits eng.  Symbolbild

Rund 120 Kindergartenplätze werden künftig in Erpel benötigt. In der Kita „Regenbogenland“ ist es jedoch jetzt bereits eng. Symbolbild

Foto: dpa/Christian Charisius

Die Erpeler Kita „Regenbogenland“ platzt aus allen Nähten. Beengte Räumlichkeiten bemängelten Vertreter des Landesjugendamts (Lja) bereits im Frühjahr. Den Anbau an die Kita beschloss der Rat in seiner jüngsten Sitzung, ebenso gab er den Arbeitsauftrag, eine Empfehlung zu erarbeiten, wie die Kita die Nebenräume des Bürgersaals stärker nutzen kann. Das ruft jetzt die Erpeler Vereine auf den Plan.

Sie nutzen bislang die Nebenräume des Bürgersaals. Das Nutzungsrecht haben sie sich beim Bau erarbeitet und vertraglich festgezurrt. Die Vereine sehen in den Plänen einen Vertragsbruch und machen dafür das Landesjugendamt verantwortlich. „Mit diesem Ansinnen fordert das Lja die Gemeinde ja zu einem offenen Vertragsbruch auf. Schließlich ist die Nutzung der Räumlichkeiten im Norden des Obergeschosses den Vereinen als Übungs-, Versammlungs- und Veranstaltungsraum vertraglich zugesichert worden, während der Kita nur ein Raum als Lager von Turngeräten zusteht“, erklärt ehemalige Bürgermeister Edgar Neustein. Immerhin hatten sich die Vereine mit Eigenleistungen in Wert von gut 80 000 Mark an der Finanzierung des Baus beteiligt, der im Jahr 2000 in Betrieb genommen worden war.

Engagement war Voraussetzung für das Projekt

Dieses Engagement war damals für die Kommunalaufsicht überhaupt erst Voraussetzung gewesen, der defizitären Gemeinde grünes Licht für das Gemeinschaftsprojekt zu geben, Kindergarten, Bürgersaal und Vereinsräume unter ein Dach zu bringen. Das wiederum hatte die Bezirksregierung Koblenz als so attraktiv bewertet, dass sie das „Erpeler Modell“ der damaligen Schwerpunktgemeinde in der Dorferneuerung auch anderen Gemeinden als nachahmenswert vorstellte.

Für die Umsetzung dieser Idee, die Neustein Ende der 1990er Jahre zusammen mit einigen Vereinsvertretern angesichts der Klagen der Ortsvereine über mangelnde Räume für ihre Proben und die Inventar-Lagerung entwickelt hatte, war die Gemeinde sogar für „vorbildliches Bauen im ländlichen Raum“ ausgezeichnet worden. Wegen der Gemeinschaftsleistung wurde das Projekt auch mit 500 000 Mark aus der Dorferneuerung gefördert.

„Während einzelne Vereine damals ganze Gewerke in Eigenleistung ausgeführt haben, steuerte der Heimatverein, den mein Vorvorgänger Heinz Schmitz ins Leben gerufen hatte, gut 30 000 Mark bei, eine Spende von Elise Trimborn. Dafür ist vertraglich festgelegt, dass ein Raum unser Dorfarchiv aufnimmt“, so Neustein. Insgesamt sei das Bürgerhaus in Erpel mit der derzeitigen Nutzung durch die Vereine ein großartiges Beispiel bürgerschaftlichen Engagements. „Es wäre ein Schlag ins Gesicht der vielen ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieder, wenn man die Nutzung der vertraglich zugesicherten Räume einschränken würde, moniert der Altbürgermeister.

Tambourcorps über Elektroinstallation

Das sieht Heribert Siebertz vom Tambourcorps Erpel genauso. „Ende der 90er Jahre waren wir sofort bereit, den Bau mit 25 000 Mark zu unterstützen“, berichtet der Ex-Vorsitzende des Musikvereins. Letztendlich habe das Tambourcorps dann die komplette Elektroinstallation des Obergeschosses in Eigenleistung übernommen und auch die Beschallungs- und Beleuchtungsanlage der Bühne gestellt. Dafür sei den Musikern vertraglich die Nutzung eines Raumes als Instrumentenlager zugesichert worden, außerdem die kostenlose Nutzung des Bürgersaals als Proberaum. „Da wir damit Mitbesitzer des Obergeschosses sind, hätte das Lja bei seinem Kita- Aufsichtsbesuch diesen Teil des Gebäudes ohne unsere Einwilligung gar nicht betreten dürfen“, stellt Siebertz fest.

Zustimmung erfährt er von seinem damaligen Kollegen, Niko Czeslik vom Bürgerverein, wie Siebertz ehemaliger Chef eines Handwerksbetriebs. „Wir haben damals den Anstrich des Treppenhauses und des kompletten Obergeschosses in Eigenleistung übernommen, während die Karnevalisten das Dach über dem Eingang beigesteuert haben“, erinnert er sich. Nach 20 Jahren sei dieses Engagement wohl etwas in Vergessenheit geraten, fürchtet Czeslik. Damals bestand die Kommunalaufsicht darauf, die Leistungen zwischen den Vereinen und der Gemeinde vertraglich festzulegen. „Die jeweiligen Vergünstigungen und Ansprüche der Vereine sind in dem Vertrag nachzulesen. Unser Rat: Finger weg von wasserdichten Verträgen“, betont Edgar Neustein.

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