Bonner Landgericht 37-Jähriger nötigt Opfer mit Schraubenzieher zur Shoppingtour

Bonn/Siegburg · Wegen räuberischer Erpressung muss sich seit Freitag ein 37-jähriger Siegburger vor dem Bonner Landgericht verantworten.

Symbolbild: Mit einem Schraubenzieher als Waffe soll der Angeklagte einen Mann zur Shoppingtour gezwungen haben.

Symbolbild: Mit einem Schraubenzieher als Waffe soll der Angeklagte einen Mann zur Shoppingtour gezwungen haben.

Foto: dpa/Angelika Warmuth

„Er durfte mal raus“, sagte die 32-jährige langjährige Lebensgefährtin des Angeklagten dem Gericht im Zeugenstand. Ein 37-jähriger Sieburger steht seit Freitagmorgen vor der 10. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht, und das, was der zweifache Familienvater während der beiden Tage „Ausgang“ möglicherweise angestellt hat, muss nun das Gericht klären. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage jedenfalls davon aus, dass er nach durchzechter Nacht einen seiner Feierkumpane mit einem Schraubenzieher bedroht und dazu genötigt haben soll, mit der Kreditkarte eines weiteren Partygasts Zigaretten im Wert von insgesamt 276,95 an zwei Tankstellen in Troisdorf und Siegburg zu bezahlen. Opfer und Täter sollen in dem Wagen des Angeklagten unterwegs gewesen sein. Räuberische Erpressung in fünf Fällen lautet der Tatvorwurf, in drei Fällen blieb es beim Versuch.

„Ich weiß von dem Abend nicht viel“, begann der Angeklagte seine Schilderung des Tatzeitraums um den 13. Oktober 2019: Er habe nach Jahren mal wieder „raus gewollt“; mit Freunden auf einer Elektroparty abfeiern. Zu später Stunde sei man dann bei einer „After Hour“ in der Siegburger Wohnung eines Bekannten gelandet. Außer dem Wohnungsinhaber habe er dort niemanden gekannt.

Zwei Nächte unterwegs

Nachdem er allerdings bereits zuvor Alkohol und Amphetamine in nicht geringer Menge zu sich genommen habe, habe ihm der Ecstasy-Konsum vor Ort dann wohl den Rest gegeben. Jedenfalls sei das Nächste, an das er sich erinnern könne, dass seine Frau ihn mittags mit „vollgekotzten“ Klamotten im gemeinsamen Bett gefunden und aufgeweckt habe. Auf Nachfrage wurde dann allerdings klar, dass der Angeklagte wohl insgesamt zwei Nächte fern von zu Hause verbracht hatte. Eine Angabe, die seine Partnerin als Zeugin dann eher mühsam, aber im Grundsatz bestätigte. Auch gab der Angeklagte an, dass er weder einen Führerschein noch ein Auto besitze.

Die Anklage hingegen geht von folgendem Szenario aus: In der Wohnung des Gastgebers der „After Hour“ soll sich ein Gast von einem anderen dessen Kreditkarte geliehen haben, um damit im Auftrag des Besitzers drei Schachteln Zigaretten und weiteren Alkohol zu besorgen. Der Angeklagte soll dieses Gespräch mitgehört und den Beteiligten vorgeschlagen haben, man könne ja mit seinem allerdings zu Hause in Kaldauen geparkten Wagen zur nächsten Tankstelle fahren, um die Einkäufe zu tätigen. Man habe dann mit mehreren weiteren Personen einen Bus genommen. Während der Fahrt soll der Angeklagte bereits aggressiv auf den Mann mit der geliehenen Karte eingewirkt haben. Am Ziel in Kaldauen sollen dann nur noch der Mann mit der Karte und der Angeklagte in den Wagen des Angeklagten eingestiegen sein.

Shoppingtour durch Tankstellen

Zu zweit habe man dann mehrere Tankstellen angesteuert und eine deutlich größere Shoppingtour unternommen, als von dem Leihgeber der Karte angedacht. Zunächst wurden erfolgreich zehn Stangen Zigaretten erstanden. Nach demselben Schema soll das Duo dann noch zwei weitere Tankstellen sowie eine Sparkassenfiliale angefahren haben. Dort konnten sie allerdings weder einkaufen noch Geld abheben – die Karte war mittlerweile gesperrt.

An allen fünf Tatorten soll der Angeklagte sein Opfer mit dem drohend erhobenen Schraubenzieher genötigt haben, die nur ihm bekannte PIN einzugeben. Nach ihrer Rückkehr riefen Freunde des mutmaßlichen Opfers einen Rettungswagen, weil sie sich Sorgen um dessen Gesundheit machten. Die Ärzte konnten aber keinerlei Verletzungen an dem Mann feststellen, weder durch einen Schraubenzieher noch von anderer Art.

Das Gericht hat nun einen Gutachter beauftragt, die Schwere einer möglichen Drogensucht des Angeklagten festzustellen. Der Angeklagte ist wegen diverser kleinerer Vergehen vorbestraft, zum Tatzeitpunkt stand er wegen Diebstahls und eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz unter laufender Bewährung. Unter den Vorstrafen finden sich auch mehrere Verurteilungen wegen Fahrens ohne Führerschein. Mit einem Urteil wird Ende November gerechnet.

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