Manchmal klingeln bis zu zehn Kinder am Tag

Gertrud Rütt erhält den ersten Bonner Kinderfreundlichkeitspreis - Sie organisiert Feste und staffiert einen Spielplatz aus

Manchmal klingeln bis zu zehn Kinder am Tag
Foto: Max Malsch

Holzlar. Für die Jüngsten ist sie einfach nur "Oma Rütt". Für die Jugendlichen ist sie Freundin und Vertrauensperson zugleich - Gertrud Rütt. Seit 1992 betreut die 67-Jährige mehr als 50 Kinder der Siedlung an der Vogelheide. Für ihre Arbeit hat die rüstige Rentnerin nun den ersten Bonner Kinderfreundlichkeitspreis "Hier wohnen Kinder gern!" gewonnen.

Die Jury, bestehend aus sechs Erwachsenen und sieben Kindern, wählte sie unter zehn Bewerbern aus. "Ich war sprachlos, als ich davon erfuhr", sagte Gertrud Rütt und freute sich. Im Frühjahr hatte sie beim Jugendamt einen Videofilm mit Aufnahmen der vergangenen, von ihr organisierten Kindersommerfeste eingereicht. "Ich nehme an, dass unser Videoband einfach überzeugt hat", sagte Rütt.

Kriterium der Preisvergabe war ein überdurchschnittliches Engagement von Erwachsenen für Kinder im Bereich Wohnen. Das erfüllt die Holzlarerin mit Bravour: Fast jeden Nachmittag sitzt sie auf der Bank am Spielplatz der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) und schaut den Kindern beim Spielen zu. "Als ich einmal längere Zeit im Krankenhaus war, habe ich zum Arzt gesagt: Lassen sie mich nach Hause, wenn ich die Kinder auf dem Spielplatz sehe, werde ich schon wieder gesund", sagte die gebürtige Beuelerin. Die Kinder vertrauen ihr und hören auf sie. Wenn es ein Problem gibt, rufen sie nach "Frau Rütt". Neulich hatten die Kinder sie geholt, weil sich auf dem Parkdeck zwei Obdachlose rumtrieben. Die 67-Jährige verscheuchte die Landstreicher schnell.

Dass sie immer ein offenes Ohr hat, wissen die Kinder ganz genau. So kommt es auch vor, dass es bei Gertrud Rütt und ihrem Mann Bertram bis zu zehn Mal am Tag klingelt und Kinder mit den verschiedensten Anliegen vor der Tür stehen. "Wenn ich meinen Hausschlüssel vergessen habe und keiner zu Hause ist, gehe ich zu Frau Rütt und warte dort, bis meine Eltern zurück sind", sagte der zwölfjährige Foad.

Angefangen hatte alles 1992. Gertrud Rütt, die 1987 nach Holzlar gezogen war, fand es schade, dass es in der Siedlung immer nur ein Sommerfest für Erwachsene gab. Sie entschied sich daher, ein Fest nur für Kinder auf die Beine zu stellen. Bereits das erste davon wurde ein voller Erfolg. Und seitdem ist das Kinderfest aus der Siedlung nicht mehr wegzudenken. In diesem Jahr aber machte ihr die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung: Wegen eines Schlaganfalls musste Rütt für lange Zeit ins Krankenhaus. Als sie wieder zurück war, organisierte sie zur Entschädigung trotzdem ein kleines Grillfest.

Die Einnahmen der Feste kommen den Kindern zu Gute. Für den Spielplatz der LEG kaufte Rütt bereits eine Schaukel, zwei Marterpfähle und ein Klettergerüst. Und sogar ein richtiges aufstellbares Schwimmbad wurde angeschafft. "Früher habe ich die Kinder im Sommer immer von meinem Balkon aus mit der Gießkanne nass gemacht", erinnerte sich die Holzlarerin, die jedes Kind mit Namen kennt.

1993 kümmerte sich Gertrud Rütt um einen Aufenthaltsraum für die Kinder. Mit alten Tapetenresten und ausrangiertem Mobiliar machten es sich die Kinder in einem ehemaligen Büro der Siedlung so richtig gemütlich. Seitdem können die Mädchen und Jungen dort ihre Geburtstage feiern, und in jedem Jahr gibt es dort auch eine kleine Weihnachtsfeier. Die Adventsfeier, bei der die Kinder kleine Geschenke erhalten, wurde ebenfalls von Gertrud Rütt ins Leben gerufen. "Ich habe Kinder einfach gerne. Ich komme selber aus einer kinderreichen Familie. Ich bin ein Mensch, der Kinder braucht. Das hält jung", sagte die vierfache Mutter.

Nur sonntags gönnt sie sich einen Ruhetag. Ein Blick aus ihrem Fenster auf den Spielplatz verrät ihr aber sofort, ob alles in Ordnung ist. Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann wird Rütt den Preis am Mittwoch, 20. Dezember, im Alten Rathaus überreichen. Die Kinder der Siedlung werden sich das nicht entgehen lassen.

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