Menschenwürde als Maß der täglichen Arbeit

Rund 600 Menschen kommen zur traditionellen Mai-Veranstaltung des DGB in Bonn - Degenhardt spricht sich gegen Lockerung des Kündigungsschutzes und Erhöhung des Renteneintrittsalters aus

Bonn. Gewerkschaftsfahnen und Transparente ragten über die Köpfe der rund 600 Menschen auf dem Marktplatz hervor, als der Bonner Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ingo Degenhardt, am Montag pünktlich zur Mittagszeit die traditionelle Mai-Kundgebung auf dem Marktplatz eröffnete.

Vor der Bühne hatten sich verschiedene Interessengruppen versammelt, darunter die Gewerkschaft Ver.di, politische Parteien und die Studentengruppierung "Freie Bildung Bonn", aber auch viele Bürger. Etwa 400 Menschen hatten sich zuvor schon dem Demonstrationszug angeschlossen.

Die Reformpläne der Regierung gaben dem DGB-Vorsitzenden genügend Themen für seine Mai-Ansprache. "Deine Würde ist unser Maß" lautete das diesjährige Motto der traditionellen Kundgebung zum "Tag der Arbeit". "Stellt diesen Satz an die Spitze der täglichen Arbeit", appellierte Degenhardt an Politik und Wirtschaft.

Viele Menschen lebten heute schon in würdelosen Zuständen. "Verschämte Armut ist längst zur Kehrseite eines unverschämten Reichtums geworden", sagte Degenhardt. Den Verteilungskampf würden Top-Manager für sich entscheiden. Degenhardt machte auch auf die Sorgen und Ängste vieler Arbeitnehmer aufmerksam:

So ginge es beim Streik an den Uni-Kliniken nicht bloß um 18 Minuten, sondern um Arbeitsplätze. Außerdem sprach er sich gegen eine Lockerung des Kündigungsschutzes und gegen die Erhöhung des Renteneintrittsalters aus: "Auf keinen Fall sollte ein 66-jähriger Dachdecker noch auf dem First laufen", forderte Degenhardt.

Der Arbeitsmarkt solle vielmehr für junge Arbeitnehmer geöffnet werden. Zur Lage der Nation äußerte sich auch der Bonner Kabarettist Robert Gries, der für seinen erkrankten Kollegen Heinrich Pachl eingesprungen war. Gries machte auch gleich Vorschläge für die Wege aus der finanziellen Misere: Statt Aktien solle man lieber Bier kaufen, denn:

Wer vor fünf Jahren für 1 000 Euro Bier gekauft hat, hatte in den letzten Jahren jeden Abend zwei Flaschen Bier und hat heute noch Leergut für über 200 Euro." Kritische Töne gab es auch musikalisch: So machte die Band "Lucky Streik", die sich am Bonner Uniklinikum während des Streiks gegründet hatte, dem Ärger der Streikenden Luft. Mit dabei war außerdem wie in den Vorjahren die Gruppe "Workin' Class".

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