Ministerium warnt vor voreiligen Schlüssen

Hohe Kosten und Umweltrisiken beim Projekt Südtangente zur Entlastung des Siebengebirges

Siebengebirge. Die Siebengebirgsentlastung (Südtangente/B 56 n) ist verhältnismäßig teuer, birgt ein "sehr hohes Umweltrisiko" und erreicht hinsichtlich ihrer überregionalen Wirkung nur "mittlere Bedeutung". Diese Bewertungen stammen von Verkehrsexperten, die für den Bund den Vorentwurf für den neuen Bundesverkehrswegeplan erarbeitet haben.

Nach Aussage des Bundesverkehrsministeriums lassen diese Beurteilungen allerdings noch keine Rückschlüsse auf die endgültige Einstufung der rechtsrheinischen Südtangente - Autobahn-Querspange zwischen A 3 und A 555 - in den Bundesverkehrswegeplan 2003 zu.

"Das sind erste Ergebnisse, die auf Grund eines neuen Bewertungsverfahrens zustande gekommen sind. Den Vorentwurf haben wir am 15. Mai an das NRW-Verkehrsministerium in Düsseldorf geschickt mit der Bitte um Stellungnahme und Bewertung der Ergebnisse", erklärte am Mittwoch eine Sprecherin des Berliner Ministeriums.

Im einzelnen: Die dreispurige, 6,5 Kilometer lange Neubautrasse vom "Ramersdorfer Knoten" (Autobahnkreuz Bonn-Ost) bis zur A 3 in Höhe Dambroich würde laut Bundesverkehrsministerium 58,7 Millionen Euro kosten. Das bedeutet einen Kilometerpreis von neun Millionen Euro. "Das ist sehr viel. Zum Vergleich: Im Durchschnitt kosten die Projekte im Bundesverkehrswegeplan 2,7 Millionen Euro pro Kilometer", erklärte die Ministeriumssprecherin.

Das Umweltrisiko der Südtangente wird von den Fachleuten als "sehr hoch" eingestuft, da im Untersuchungsraum 23 Prozent der Flächen sehr stark und weitere 22 Prozent stark durch die Trasse belastet würden. Im Westen der Trasse (Region Ennert) liegt ein 500 Meter breiter Korridor, der auf Grund seiner Natur-Bedeutung als FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) deklariert ist.

Für dieses Naturpark-Areal gilt laut der Fachleute eine erhebliche Beeinträchtigung als unvermeidbar. Der Gutachter kommt in dem Vorentwurf zu dem Schluss, dass die Südtangente nur dann in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden sollte, wenn zwingende Gründe und ein überwiegendes öffentliches Interesse für den Bau sprechen. Außerdem sollten alternative Lösungen geprüft werden.

Bei der Raumwirksamkeitsanalyse erreicht die Südtangente zwei von fünf möglichen Punkten und wird deshalb wie folgt beurteilt: Die Trasse "ist für Verteilungs- und Entwicklungsziele von mittlerer Bedeutung". Die raumordnerische Bewertung fällt so aus: Das Projekt trägt bei der Verbindung der Mittelzentren Bad Honnef und Hennef zu einer Erhöhung der Reisegeschwindigkeit von zehn Kilometern in der Stunde bei. Eine Angabe zur Verbindung der Siebengebirgsregion mit Bonn wird nicht gemacht.

Auf Nachfrage des General-Anzeigers erklärte das Ministerium: "Das Projekt soll dazu dienen, die beiden Mittelzentren Hennef und Bad Honnef besser miteinander zu verbinden." Allerdings ließ das Ministerium die Möglichkeit offen, dass man sich bei der Festlegung der Zielorte vertan haben könnte: "Das Landesverkehrsministerium soll die Vorlage auch auf Fehler hin prüfen."

Der Bonner CDU-Bundestagskandidat Stephan Eisel hatte den Entwurf am Montag so interpretiert, dass die Südtangente gute Realisierungschancen habe. In einem Punktesystem werde der so genannte vordringliche Bedarf festgelegt, der bisher bei drei, künftig wohl bei 3,5 Punkten liege, so Eisel.

"Die beiden wichtigen Bonner Verkehrsprojekte, die links- beziehungsweise rechtsrheinische Südtangente, werden von den Gutachtern deutlich über dem Schwellenwert eingestuft. Für die rechtsrheinische Verbindung von der Südbrücke bis zur A 3 wird der Wert 9 angesetzt. Für die linksrheinische Verbindung von der Südbrücke zur A 555 der Wert 4,7", hatte Eisel erklärt.

Das Bundesverkehrsministerium meinte dazu am Mittwoch: "Diese Zahlen sind nicht aussagekräftig, und mit ihnen wird auch nicht operiert. Es kann sich nur um eine persönliche Einschätzung von Herrn Eisel handeln", so die Sprecherin. Wie Eisel auf die Zahlen 9 beziehungsweise 4,7 kommt, kann sie sich nicht erklären. Vielleicht habe er die Summe der sogenannten Projektnutzen (Hochrechnung der durch die Straßenverbindung jährlich eingesparten Kosten) von 19,74 Millionen Euro durch die auf ein Jahr umgelegten Investitionskosten in Höhe von 2,129 Millionen Euro geteilt. Das sei aber nicht zulässig.

Eisel sagte dazu dem GA: "Ich habe nichts selbst gerechnet. Die Bewertungszahlen habe ich aus dem Bundesverkehrsministerium." Wie sie zustande gekommen seien, könne auch er nicht erklären.

Die Sprecherin verwies darauf, dass das Ministerium im Vergleich zum Bundesverkehrswegeplan von 1992 eine stark überarbeitete Bewertungsmethode entwickelt hat. Die Zahlen von damals könne man nicht mehr mit heutigen Werten vergleichen.

Ein Sprecher des Landesverkehrsministeriums sagte am Mittwoch: "Wir können den Vorentwurf noch nicht bewerten. Wir holen uns erst die Meinungen der Bezirksregierungen und Regionalräte ein. Im Herbst teilen wir dem Bund unsere Stellungnahme mit."

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