Ansturm auf dem Plateau Mondfinsternis zieht rund 2500 Menschen auf den Drachenfels

Siebengebirge · Einen regelrechten Ansturm erlebte der Drachenfels am Freitagabend. Tausende Besucher wollten von dort aus die Mondfinsternis beobachten.

19 Uhr auf dem Drachenfelsplateau. Henno Braun schaut ein wenig skeptisch über seinen Biergarten. Die letzten Wanderer kommen von der Ruine herunter, zwei Übertragungswagen haben sich aufgebaut und ein paar versprengte Fotografen und Astronomiebegeisterte stehen bereits an der Balustrade und blicken hinab ins Rheintal. Er will schließen. Ob sie ihm heute Abend wirklich die Bude einrennen? Braun, COO (Chief Operating Officer) der Drachenfels Restaurant & Eventlocation, zuckt mit den Schultern. Nur eine halbe Stunde später kennt er die Antwort. Er macht die Außenterrasse des Restaurants wieder auf. Der Ansturm beginnt.

Das Magazin Geo hatte den Drachenfels unter den zehn besten Orten gelistet, von denen sich die längste totale Mondfinsternis dieses Jahrhunderts am besten verfolgen lässt. Die Sternwarte Siebengebirge hatte ihrerseits zum Public Viewing eingeladen und ihre mobilen Teleskope auf das Plateau transportiert. Und dank Sponsoren konnten die Besucher auch mit der Zahnradbahn kostenlos nach oben fahren – bei traumhaften Wetter ein unschlagbares Angebot.

19.45 Uhr. Wer jetzt, fast drei Stunden vor dem angekündigten Höhepunkt der Finsternis kommt, dem bleibt meist nur noch die zweite Reihe. Margarethe Esser und ihr Mann haben es sich vorne in ihren Stühlen gemütlich gemacht, Stativ und Kamera sind aufgebaut. Jetzt genießen die beiden Bonner den Blick über das Tal. „Natürlich habe ich auch jetzt schon ein paar Mal drauf gedrückt, bei dem Ausblick“, sagt Herbert Esser und zwinkert mit den Augen. Bis es ernst wird, gönnt er sich erst einmal ein Weizen.

Mondfinsternis in Bonn und der Region
45 Bilder

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Derweil sind Christian Preuß und seine Mitstreiter von der Sternwarte dabei, ihre Teleskope aufzubauen. Sie sollen stehen, bevor um 21 Uhr die erste Bahn kommt. Darunter auch das große Drachenauge, das größte noch mobil einsatzfähige Teleskop der Region, mit einer Öffnung von einem halben Meter und einer Brennweite von zwei Metern. Stolz steht es auf den Treppenstufen, dahinter haben es sich zwei Besucherin mit einem Picknickkorb bequem gemacht. Es gibt schlimmere Orte um zu warten, finden sie.

Zeit, Fragen zu beantworten, hat Preuß um kurz nach 20 Uhr nicht. Zu viel muss noch vorbereitet werden, die Sternenfreunde sind im Verzug. Die Sonne taucht den Drachenfels in einen letzten glühenden Glanz. Zu viele Interviews hat der Vorsitzende in den letzten Stunden geben müssen, immer wieder richten sich die Fernsehkameras auf ihn. Natürlich freut er sich über das große Interesse, aber für den großen Moment muss alles fertig sein.

Bereits bevor die erste Bahn auf dem Plateau eintrifft, ist es dort voll. Brechend voll. So, wie sonst nur an einem sonnigen Sonntag. Gleichzeitig hat sich vor der Talstation eine ewig lange Schlange gebildet, die schnell die Straße hinunterreicht. Niemand hat mit einem solchen Andrang gerechnet, Zahnradbahn und Restaurant versuchen verzweifelt, weiter Personal heranzuschaffen, Braun steht der Schweiß auf der Stirn, er ist selbst im Einsatz und nimmt Bestellungen auf. Auch Klaus Hacker, Chef der Drachenfelsbahn kann es nicht fassen. "Wir hatten einen Fahrer, jetzt sind es fünf. 1500 Menschen schätzt er gegen Mitternacht, hat er an diesem Abend auf den Berg gebracht. Mindestens 1000 Menschen sind zu Fuß gekommen. Preuß fasst es schließlich so zusammen: „Langsam wird mir Angst.“

21.53 Uhr. Applaus brandet auf, alles drängt nach vorne. Der Mond ist allerdings immer noch nicht zu sehen, stattdessen begrüßt Preuß die Gäste, darunter gleich mehrere Fernsehsender. Allein, der Star des Abends verbirgt sich weiter unter einer schmalen Wolkenschicht über dem Siebengebirge. Jedes noch so kleine, rot leuchtende Objekt irgendwo am Firmament wird freudig begrüßt, auch wenn es mit dem Himmelskörper gar nichts zu tun hat.

22.10 Uhr. Kein Mond, aber Volksfeststimmung. Wenig später fliegt die Internationale Raumstation vorbei, klar erkennbar, in weitem Bogen über die Ruine. Und dann ist es endlich soweit: Etwas milchig, weil noch immer Dunst die Sicht vernebelt, ist der blutrote Mond zu erkennen, darunter Mars, deutlich zu sehen. So mancher hat sich das Spektakel wohl noch spektakulärer vorgestellt. "Und dafür bin ich jetzt hier rauf gelaufen?", mault ein älterer Herr. Die meisten aber starren weiter fasziniert auf den Erdtrabanten und genießen einfach den lauen Abend.

Gegen Mitternacht wird es auf dem Drachenfels etwas leerer, aber noch immer sind Hunderte Menschen auf dem Plateau. Der Mond bekommt erst einen zarten Stupser von der Sonne, dann wird er heller und heller, zu Füßen liegt das Lichtermeer der Städte. Braun und seine Mitarbeiter machen weiter. Wie lange. Ein Achselzucken. So lange eben, wie die Menschen in dieser dann doch irgendwie magischen Nacht bleiben.

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