Nach dem Saxophon spielt er jetzt die erste Geige

Mit der Proklamation von Franz I. und Anja I. beginnt in Bonn das närrische Spektakel - Bestens aufgelegte Oberbürgermeisterin

Nach dem Saxophon spielt er jetzt die erste Geige
Foto: Heinz Engels

Bonn. Ein musikalischer Prinz, der sich langsam warmläuft, eine redegewandte Bonna und dazu die bestens aufgelegte Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann mit gelb-roter "Amour"-Schärpe: Mit Vollgas starteten Freitagabend die Karnevalisten in die Session "Bon(n) Amour - Fastelovend pur" -, und die fröhlichen Narren in der vollen Beethovenhalle schlossen sich gleich an, winkten beim Einzug en masse mit Blumen.

Er ist vielleicht kein Prinz der großen bönnschen Worte. Der Jung kött ja vom Neckar in Hessen und sagt auch selbst von sich: "Ich bin ein Immi." Franz I. kann das Platt getrost seiner Bonna Anja I. überlassen. Bei der Proklamation zeigte er nach dem umjubelten Einmarsch, wo seine Stärken liegen - nämlich in der Musik.

Keine Geringere als die OB brachte den musikalischen Stein ins Rollen - und zwar mit einer Saalwette. "Die nehmen den Mund ganz schön voll", richtete sie ihre verbale Attacke an Festausschusspräsident Horst Bachmann und den Wiesse-Müüs-Präsidenten Toni Roeder und stellte ihnen eine Aufgabe. Drei Tenöre sollten es sein, und zwar jetzt gleich auf der Bühne. Die beiden Oberkarnevalisten - gar nicht dumm - konterten mit ihren Tenorsaxophonen. "Wo ist denn der dritte Tenor?", fragte die OB, schon siegessicher. Das ließ sich Franz I. nicht zwei Mal sagen und stimmte beim "Sentimental Journey" mit ein; das Publikum ging begeistert mit Kein Problem für ihn, denn er spielte schon in Bands von Peter Orloff und Frank Farian.

Seine Lektionen in Bonn hat der Prinz als ehemaliger "Stiefel"- und jetziger "Em Veedel"-Wirt gleich begriffen: "Ich lernte schnell, was ne Halve Hahn und Himmel on Ääd ist." Jetzt hofft er auf die Unterstützung aller Bonner Jecken, damit das leichte Fracksausen schnell vergeht. Was bei Franz I. in den vergangenen Tagen die Nervosität war, kam bei Anja I. als Ungeduld zum Ausdruck: "Endlich is die Zick des Lauerns eröm, un mir zwei sinn us wie e richtig Prinzepaar." Die Bonna machte klar, dass beim TV-"Big Brother" alles kalter Kaffee ist. Das Motto "Zeig mir Dein Gesicht, zeig mir, wer Du wirklich bist . . ." sei nämlich keine Erfindung irgendwelcher holländischer Fernsehproduzenten, "sondern ist schon seit Jahrhunderten das Motto im bönnschen Fastelovend. Bei uns heiß dat einfach nur ¯Jeder Jeck is anders®." Die Mischung verschiedener Menschen und Kulturen mache "dat janz besondere Jefööl in unserer Heimatstadt" aus. Ne Bönnsche is nämlich nit unbedingt der, der he jebore is. Schlussfolgerung: Und so "han ich mit mingem Prinz ''''ne richtige Bönnsche", sagte Anja I.

Die OB nahm ihre Verwaltung, wo doch kräftig gearbeitet wird, aufs Korn: "Die jüngste Haaranalyse bei Stadtdirektor Arno Hübner hat ergeben: Die Verwaltung arbeitet geradezu wie im Rausch. Ich halte aber auch den ¯Daum® drauf." Bonns Bezirksvorsteher Michael Salitter tut der OB dagegen leid: "Der hat sich auf dem Hell-Weg kräftig verfahren und stand ganz plötzlich im Dunkeln." Das wundere sie, denn "wir haben dem doch extra ein Auto mit Navigationsgerät gekauft". Und da wäre noch BSE: "Ein Jahr nach dem Regierungsumzug registrieren wir eine dramatische Abnahme von Rindviechern in unserer Stadt. Selbst Kelber (Bundestagsabgeordneter) haben wir abgegeben. Schwein gehabt."

Die OB stattete Prinz und Bonna mit den Insignien der Macht aus. Das Programm konnte sich sehen lassen: Die Kolibris ("Hände zum Himmel"), Bernd Stelter, die "Bönnsche" oder der "Mann für alle Fälle" traten neben Stadtsoldaten und Ehrengarde auf. Der für diesen Samstag angekündigte Bericht im WDR-Fernsehen fällt aus.

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