Renaturierung der Sieg Naturnahe Aue vor der Haustür
RHEIN-SIEG-KREIS · "Der Aufbau einer naturnahen Flusslandschaft ist keine unzumutbare Belastung, sondern eher ein Gewinn an Lebensqualität." Diesen Appell richtet der BUND-Kreisvorsitzende Achim Baumgartner an die Anwohner der Sieg in Sankt Augustin und Troisdorf und an die dortigen Politiker. Damit will Baumgartner eine Lanze für die geplante Renaturierung der Sieg brechen.
Im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie soll die begradigte und befestigte Sieg von der Mündung bei Mondorf bis zur Autobahnbrücke bei Menden wieder in einen natürlichen Zustand versetzt - sprich entfesselt - werden. Das bedeutet, dass die Uferbefestigungen zurückgenommen werden und der Fluss sich wieder ausbreiten kann in einem Prozess, der mehrere Jahrzehnte andauern wird.
"Die Steine werden aus dem Ufer herausgeholt und in der Sieg platziert. Das Gewässer wird naturnäher, und Flora und Fauna finden auch wieder Platz", so Martin Nussbaum von der Kölner Bezirksregierung. Die ist als Obere Landschaftsbehörde für die Umsetzung des Projektes zuständig und bereitet das Planfeststellungsverfahren vor. Der Planungsraum umfasst die rund 7,6 Kilometer lange Siegaue von der Rheinmündung bis zur Autobahnbrücke A59 und dort die Fläche zwischen den Deichen. Insgesamt mehr als 700 Hektar Fläche.
Widerstand regt sich bei Landwirten, Anwohnern und Politikern, weil befürchtet wird, dass Weiden und Äcker, aber auch Grillplätze und Spazierwege verloren gehen. In Meindorf wurden sogar mehr als 500 Protest-Unterschriften gesammelt.
Der BUND befürchtet nun, dass durch die Widerstände das Projekt gefährdet werden könnte. Nur durch die geplante Entwicklung einer wieder aktiven und dynamischen Flusslandschaft sei es möglich, verloren gegangene Natur zurückzugewinnen, so Baumgartner.
So sei die Siegmündung bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ein bedeutendes Brutgebiet für Blaukehlchen gewesen. "Das ist durch die Zerstörung seiner Lebensräume an der Sieg ausgerottet worden."
Viele Gewässerprojekte in der Region seien zurückgestellt oder ganz aufgegeben worden, so Baumgartner. "Zu oft wird zu Ungunsten der Natur entschieden, dadurch sind die international verbindlich zugesagten Schutzziele nicht zu erreichen", so Baumgartner.
Dabei gebe es auch ein positives Beispiel: Die Renaturierung des Siegburger Siegbogens, angelegt im Zuge des ICE-Neubaues, lasse den Wert und den Reiz natürlicher Flüsse erahnen. "Wenn die Sieg renaturiert ist, dann wird bei uns eine reizvolle, naturnahe Auenlandschaft direkt vor der Haustüre angeboten."
Die EU-Wasserrahmenrichtlinie
Die Renaturierung der Sieg erfolgt im Zuge des langfristig angelegten Länderprogramms "Lebendige Gewässer", das die ökologische Entwicklung der Gewässer und den Schutz des Grundwassers in Nordrhein-Westfalen sicherstellen soll. Mehr als 2200 Kilometer der nordrhein-westfälischen Gewässer sollen bis 2027 renaturiert werden. Damit werden der Bewirtschaftungsplan und das Maßnahmenprogramm zur Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) umgesetzt. Das Projekt ist damit quasi eine Fortschreibung des Siegauenkonzeptes, das der Rhein-Sieg-Kreis 1988 mit dem Ziel der Renaturierung der Sieg und ihrer Uferbereiche erarbeitet hat.