Niedriger Rheinpegel legt Römerhafen frei

Unterhalb des Drachenfels in Königswinter ragen die Überreste römischer Schiffsanlegestellen aus dem Wasser

Königswinter. Der niedrige Pegelstand des Rheins bringt nicht nur eine Menge Probleme mit sich, er legt auch einige historischen Geheimnisse frei, die sonst unter der Wasseroberfläche verborgen bleiben. Eines davon ist der römische Rheinhafen am Westhang des Drachenfels, zwischen Rhöndorf und Königswinter.

Angelegt wurde dieser Hafen für die Verladung des am Drachenfels gebrochenen Trachytgesteins, das die Römer in ihren Wohnorten und Befestigungen vorwiegend rheinabwärts verbauten.

Der Bonner Archäologieprofessor Günter Walzig hat viel Wissenswertes über diese fast vergessene Hafenanlage und die Steinbrüche der Römer am Drachenfels zusammengetragen.

Die Ausbeutung der Trachytfelder am Drachenfels durch die Römer begann im zweiten Jahrzehnt nach Christi Geburt. Anfangs war es jedoch nicht der graue Trachyt von den Bergflanken, in den die Steinbrucharbeiter - es waren wahrscheinlich römische Hilfstruppen, die hier Strafdienste ableisteten - mit schweren Hämmern metallene Keile trieben und so Blöcke aus den Felsen brachen.

Vielmehr begannen sie an den Steinfeldern der rechten Uferebene, die an der Bergflanke beginnen und sich durch das Flussbett bis hinüber bis ins Drachenfelser Ländchen fortsetzen.

Der bläuliche Trachyt, der sich in der Farbe etwas von dem grauen Trachyt des Berges unterscheidet, wurde so abgebaut, dass nach und nach ein rund 500 Meter langer natürlicher Hafen mit einer sichelförmigen Mole aus Lavagestein und zwei getrennten Hafenbecken entstand, einem großen im Norden und einem kleineren an der Südflanke.

In das südliche Hafenbecken ragt heute eine vom Ufer zur Flussmitte zeigende Buhne und verklärt dadurch etwas das Bild, das am besten vom Fuß der Burgruine aus zu sehen ist.

Nach der Fertigstellung des Hafens wurde der Trachyt vorwiegend im Rüdenet gebrochen, einem Felsenmeer zwischen Schloss Drachenburg und der Bergspitze. Die Blöcke zog man, wie durch eine natürliche Rutsche, eine Mulde am westlichen Berghang hinunter bis zu den Verladeeinrichtungen am Hafen.

Hier wurden die gebrochenen Gesteinsquader auf Lastschiffe der in Köln stationierten römischen Rheinflotte verladen, die den Transport des Baumaterials übernahmen. Ein 160 n. Chr. erstellter, 1,88 Meter hoher Stein mit römischer Inschrift, die den Transport durch die Rheinflotte dokumentiert, wurde 1885 an der Nordwestseite des Bonner Münsters gefunden. Seit der Bundesgartenschau 1979 ist ein Abguss dieses Steines im Rheinauenpark zu finden.

Ende des ersten Jahrhunderts stellten die Römer den Steinabbau am Drachenfels vorübergehend ein. Er wurde jedoch um das Jahr 150 wieder aufgenommen, nun am Nord- und Südbruch unterhalb des Drachenfelsgipfels, auf dem die Ruine der im 12. Jahrhundert erbauten Burg zu sehen ist.

Noch heute kann man in den Abbaugebieten und im Hafenbecken Trachytblöcke mit eindeutigen Bearbeitungsspuren finden. Sie wurden von den Arbeitern dort liegen gelassen, weil sie von der Qualität den Ansprüchen nicht genügten oder weil sie beim Transport so wegrutschten, dass die Bergung einen zu großen Aufwand bedeutet hätte.

Reichlich wurde der Drachenfels-Trachyt in den zivilen Siedlungen und den militärischen Bauwerken der Römer entlang des Stromes von Remagen bis Nijmegen verbaut. So auch im Kölner Prätorium, dem Statthalterpalast, der bei Bauarbeiten unter dem heutigen Rathaus entdeckt wurde.

Alleine im oberen Drittel des Drachenfels haben die römischen Steinbrecher über 400 000 Kubikmeter Trachyt abgebaut und natürlich auch über den Rheinstrom transportiert.

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