Onkel muss Kindesmissbrauch mit sechseinhalb Jahren büßen
Sexuelle Nötigung kam erst nach acht Jahren vor die Bonner Strafkammer - Angeklagter leugnete die Taten
Bonn. "Ich bin unschuldig, ich werde verrückt", waren die abschließenden Worte des 41-jährigen Angeklagten, bevor ihn die zweite Große Strafkammer wegen sexuellen Missbrauchs und sexueller Nötigung eines Kindes in acht Fällen zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilte.
Zu dem Urteil gelangte das Gericht aufgrund der Aussage des Opfers, eines Neffen des Angeklagten: Vor Gericht machte der heute 18-Jährige glaubhaft, 1993 und 1994 als 9-Jähriger von seinem Onkel zu demütigenden sexuellen Handlungen gezwungen worden zu sein.
Fast acht Jahre später - ausgerechnet zur Weihnachtsfeier der Familie - kamen die Taten des Onkels ans Licht. Als der Vater des Opfers bei seiner Festrede den Zusammenhalt innerhalb der Familie lobte, brach der junge Mann sein jahrelanges Schweigen. Der schockierte Vater erstattete Anzeige gegen seinen Bruder, die zu dessen Festnahme am 9. Januar 2002 führte.
Die lange Zeit zwischen den Taten und der jetzigen Verhandlung ließ beim Gericht keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Opfers aufkommen. Der Angeklagte war bis zum Schluss nicht geständig. Seine Einlassung, die Familie seines Bruders wolle ihm diese Taten unterschieben, kaufte ihm die Vorsitzende Richterin Margit Weber allerdings nicht ab. In ihrer Urteilsbegründung hieß es: "Eine solche Geschichte kann man nicht erfinden." Zu detailliert konnte sich das Opfer an die Misshandlungen erinnern.
Als besonders schwerwiegend wertete die Kammer die "ekligen Demütigungen". So war der Junge 1994 während einer Autofahrt zu sexuellen Handlungen gezwungen worden, während sich sein Vater quasi in Sichtweite, im vorausfahrenden Wagen aufgehalten hatte.
Während der Aussage 18-Jährigen musste der Angeklagte von der Verhandlung ausgeschlossen werden, da der junge Mann der Belastung der Begegnung mit seinem Peiniger nicht standhalten konnte. Auch heute noch schäme er sich, fühle sich wegen der sexuellen Misshandlungen seines Onkels selbst schuldig.
Alle Versuche, ihn von den Folgen des Missbrauchs zu therapieren, seien bislang gescheitert. Er selbst hatte sich auch geweigert, Anzeige zu erstatten, weil er gehofft habe, "die Sache für sich alleine endlich zu einem Abschluss bringen zu können.