Piraten wollen den Kreis Ahrweiler entern

AHRWEILER · Nun wollen sie Bad Neuenahr-Ahrweiler und den Kreis Ahrweiler entern: die Piraten. Erste Segel sind gesetzt. Gleich neben dem Rathaus der Kreisstadt fand das erste Treffen von an der Piratenpartei Interessierten statt. An ein Kentern glaubt keiner.

"Wir machen das ganz locker hier, schließlich sind wir hier nicht auf einem Parteitag", meinte Herbert Conrads. Der 65-jährige Bad Breisiger war es, der zum ersten Kennenlern-Stammtisch geladen hatte. Auch Jürgen Godhoff vom Landesverband war gekommen. Er stellte die Partei, ihre Strukturen und ihre Ideen vor. "Gelebte Menschen- und Bürgerrechte", haben sich die Piraten auf die Fahnen geschrieben. Sie wollen sich als "progressive, sozialliberale Partei für die Gleichberechtigung aller Menschen und aller Beziehungsformen einsetzen". Grundsatz: Den Staat geht es nichts an, was mündige Erwachsene einvernehmlich und freiwillig miteinander tun oder wie sie leben.

"Die Piraten setzen sich dafür ein, dass die Politik der Vielfalt der Lebensstile gerecht wird und die freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher sowie sexueller Identität und Orientierung respektiert und fördert", heißt es in dem von Godhoff mitgebrachten Informationsmaterial.

Jeder Mensch müsse sich frei für den selbst gewählten Lebensentwurf und die von ihm gewünschte Form gleichberechtigten Zusammenlebens entscheiden können. Die Abschaffung staatlicher Erfassung des Geschlechts oder auch die Abschaffung des Zwanges zum geschlechtseindeutigen Vornamen seien klare Ziele der Piraten.

Was zunächst in lockerer Stammtischrunde begann, soll in einer kreisweiten Organisation münden. Einen Piraten-Landesverband gibt es bereits. Dabei versteht man sich als Mitmach-Partei. "Jeder kann sich einbringen. Und das zu jedem Thema. Wir sind keine Ein-Thema-Partei", stellte Godhoff klar, dass man sich längst von den Anfängen aus einer technik-enthusiastischen Hacker-Kultur des Chaos Computer Clubs verabschiedet habe, inzwischen breit aufgestellt sei und sich allen politischen Themen geöffnet habe. "Wir sind keine jungen, wilden Freaks", erklärte Godhoff, was auch beim Treffen in Bad Neuenahr deutlich wurde: Zahlreiche Besucher des Stammtischs waren älter als 50 Jahre.

"Wir Piraten kommen ohne Autoritäten aus", meinte "Ivo" aus Burgbrohl. Echt-Namen muss man weder bei Parteitreffen noch im Internet nennen. Jeder kann sich vielmehr ein Pseudonym zulegen. "Es macht Spaß, Pirat zu sein, man bewegt etwas", hieß es weiter. Und: "Die Menschen wollen eine offenere Politik." "Jutta" aus Bad Neuenahr ist aus Berlin zugezogen: "Mich hat das Wort Transparenz sehr angesprochen. Die etablierten Parteien machen doch nur Politik für die Lobbyisten."

Transparenz und Basisdemokratie bei Nutzung der elektronischen Medien werden bei den Piraten groß geschrieben. Abstimmungen über das Internet seien keine wilden Visionen. Auf die Frage, wie die Piraten angesichts des Willens zur ausgeprägten Basisdemokratie zur in der Verfassung verankerten repräsentativen Demokratie stehen, sagte der Vertreter des Landesverbandes: "Darüber müssen wir noch nachdenken. Aber warum sollte das Grundgesetz nicht geändert werden? Wenn das Volk es denn will."

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